Der Mann, der nicht durch den Kamin passte

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Maigret konnte nicht liegen bleiben. Das Versprechen, das er sich am Vorabend gab, den ersten Weihnachtstag einmal richtig auszuschlafen, brach er schon um acht Uhr am nächsten Morgen. Als Madame Maigret das Schlafzimmer betrat, um Maigret das Frühstück am Bett zu servieren, stand dieser schon im Morgenmantel und enttäuschte so seine Frau zutiefst. Nichts liebt sie mehr, als ihrem Mann das Frühstück an das Bett zu bringen, dieser assoziiert damit Krankheit und Gebrechlichkeit, und schätzt es überhaupt nicht.
Kurze Zeit später stand er, immer noch im Morgenmantel, ein Croissant essend, am Fenster:

»Was beobachtest Du?«
»Nichts… Frauen…«
»Was machen sie?«
»Es sieht so aus, als kämen sie zu uns.«
Beide blickten nämlich, in der Mitte des Boulevards angekommen, direkt zu ihm herauf.
»Man wird dich doch hoffentlich nicht am Weihnachtstag stören. Ich bin nicht einmal mit dem Haushalt fertig.«
Darauf wäre niemand gekommen, denn außer dem Tablett lag nichts herum, und auf den polierten Möbeln war kein Stäubchen zu sehen.

An der Tür klingelte es schon und es waren zwei Bewohnerinnen des gegenüberliegenden Hauses – Mademoiselle Doncoer und Madame Martin. Tonangebende war eindeutig Mademoiselle Doncœur, die – so behauptet es zumindest Madame Maigret – in Maigret verliebt ist. Madame Martin bzw. ihre Tochter ist das eigentlich Opfer. Das Mädchen, durch einen Beinbruch an das Bett gefesselt, bekam in der Nacht Besuch vom Weihnachtsmann. Dieser hat ihr eine große Puppe geschenkt und sich so dann, ohne auch nur ein Wort mit dem Mädchen zu wechseln, an den Fußbodenbrettern zu schaffen gemacht. Nach einer Weile verschwand er dann unverrichteter Dinge.

Das Mädchen glaubt, es wäre wirklich der Weihnachtsmann, der – da er nicht mehr durch den Schornstein passte – diesen Weg wählte, um zu dem Jungen der unter ihnen liegenden Familie zu kommen. Madame Doncœur und Maigret glauben das nicht. Der Verdacht liegt nahe, dass im Fußboden der Familie Martin irgendetwas versteckt ist. Die Mutter äußerte sich dazu überhaupt nicht.

Sie macht den Eindruck, als wäre das alles der Phantasie der Tochter entsprungen. Wenn da nicht die Puppe wäre.

Als Maigret kurze Zeit später die Tochter besuchen kommt, erwartet in Madame Doncoer. Madame Martin sei einkaufen gegangen, obwohl sie sie darauf hingewiesen habe, dass der Kommissar jede Minute kommen könnte. Macht nicht, die Tochter war ja da. Diese ist ein äußerst reges Mädchen, welches allerhand zu berichten weiß, dass Maigret hellhörig macht. Der Vater – der nicht der eigentlich Vater ist, sondern eigentlich der Onkel – ist auf Reisen, der Onkel – der nicht eigentlich der Onkel ist, sondern der leibliche Vater – wäre krank (später erfährt man, dass er mit der Flasche in der Hand durch Paris zieht) und die Mutter – die auch nicht die leibliche ist – hat in der letzten Zeit ein paar Mal Besuch von einem Versicherungsvertreter bekommen.

Maigret macht sich daran, seine Leute darauf anzusetzen, ob der Vater (Onkel) noch auf Reisen ist, ob der Onkel (Vater) in der vergangenen Nacht auffällig gewesen ist und – der wesentliche Punkt – ob die Mutter (Tante) an dem Vormittag einkaufen gewesen ist.