Über die Story
Es war eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Ist-Zustand, die Doktor Bergelon dazu brachte, auf das Angebot seine Kollegen Mandalin einzugehen, Entbindungen in dessen Klinik vorzunehmen. An diesen »Operationen«, so versprach Mandalin, würde er Bergelon finanziell beteiligen. Dieser müsste seine Klientel nur überreden.
Mandalin lebte wirklich nicht schlecht, gab regelmäßig Empfänge und war angesehen in der Ärzteschaft und auch bei der örtlichen Bevölkerung. Am Abend vor der Entbindung von Madame Cossons, der ersten Patientin, die das Ambiente Mandalins Klinik genießen sollte, fand ein normaler Empfang bei der Familie Mandalin statt und die beiden Ärzte, ließen es sich nehmen, auf die neue Partnerschaft ein wenig zu trinken und Zigarren zu genießen.
Dann kam die Nachricht, dass Madame Cosson wäre. In angetrunkenem Zustand trafen sie in der Klinik ein, eine Zigarre in der Hand haltend, traten sie in den Kreißsaal ein. Das machte auf den besorgten, werdenden Vater Cosson schon keinen guten Eindruck, der aber von Mandalin überheblich zurückgewiesen wird. Diese Überheblichkeit sollte sich bald rächen, zu allem Unglück richtete sich die Katastrophe aber nicht gegen die Ärzte, sondern gegen die Patientin. Bei der Geburt gab es Komplikationen und sowohl Mutter wie auch Kind verstarben nach kurzer Zeit.
Bergelon geht nun durch ein Tal der unterschiedlichsten Gefühle. Natürlich heißt es immer wieder, dass das Schaffen der Ärzte eine Kunst ist. Kunst ist nicht berechenbar. Solche Unfälle, wie der mit Madame Cosson die passieren schon mal. Allerdings, das muss sich Bergelon eingestehen, wurde von ihnen provoziert. Sein Kollege, der in einem ganz anderen Viertel praktizierte, sah die Angelegenheit sehr entspannt, aber er hatte auch gut reden. Bergelon hatte sich mit Monsieur Cosson auseinanderzusetzen, der hautnah miterlebt hatte, wie die beiden Ärzte in der Nacht versagten und mit dem versagen den Tod zwei Menschen auf dem Gewissen hatten und sein Leben nebenbei mitzerstörten. So hatte Cosson begonnen, Nachforschungen anzustellen. Cosson lauerte den Schwestern Mandalins Klinik auf und befragte sie, zu dem in der Nacht Geschehenen, um sich ein Bild machen zu können.
Er kam zu dem Schluss, dass es ein Versagen der beiden Ärzte war und als er seine Verdächtigungen bestätigt sah, fing er an, sich auf Doktor Bergelon einzuschießen. Während einer Sprechstunde, die Cosson wahrnimmt, teilt er dem Arzt unmissverständlich mit, dass er vor hätte, Bergelons Leben ein Ende zu setzen. Ohne ein Blatt vor dem Mund zu nehmen, teilt er dem Arzt mit, dass nachdem Bergelon sein Leben zerstört hätte, er nun im Gegenzug dran wäre.
Cosson war glücklich mit seiner Frau verheiratet, so sagte er zumindest. Der Bankangestellte, der vor dem Tod von Frau und Kind ein geregeltes Leben führte, sank immer weiter ab. Er quartierte sich nach kurzer Zeit bei seiner Geliebten, einer Prostituierten, ein, zahlte seine Raten nicht mehr ab und erschien nicht mehr zu Arbeit. An den Tagen beschäftigte er sich damit, den Arzt zu verfolgen und griff diesen auch auf offener Straße an. Seine Geliebte, Cécile, versuchte sich in mäßigendem Einfluss, der war aber nicht von Erfolg gekrönt. Die Prostituierte kannte Bergelon gut, und konnte sich nicht beklagen. Der Arzt war für ihre amtlich verordneten Untersuchungen zuständig und hatte sich immer korrekt benommen.
Bergelons Frau, Germaine, hatte mitbekommen, dass etwas schiefgegangen war. Nun bekam sie auch mit, wie ihr Mann immer mehr unter Druck gesetzt worden war. Cosson hatte damit begonnen, Briefe zu schreiben, in denen er seine Pläne präzisierte. Offen spielt Cosson in seinen Schreiben auch mit dem Gedanken, die Familie des Arztes in seine Racheaktionen mit einzubeziehen.
Angst ist vorhanden, die kann man dem Arzt nicht absprechen. Gleichzeitig fühlt er sich zu Cosson auch hingezogen, ein Gefühl, dass nicht durch Schuld zu erklären ist. Es kommt zu Gesprächen, sie trinken zusammen, man hat das Gefühl, es sitzen sich alte Kumpel gegenüber. Dabei wird Cosson nie müde, zu betonen, dass er immer noch vorhat, Bergelon umzubringen.
Cécile kümmert sich um eine Lösung, die Entspannung bringen soll: sie beschwatzt den Arzt, dass er sich für einige Zeit aus dem Ort entfernen soll. Bergelon besorgt sich eine Vertretung und »verschwindet« aus Bugle, macht Ferien am Meer. Eine Wendepunkt. Man bekommt das Gefühl, dass dies der Augenblick eines lange gärenden Ausbruchs sei, der Moment, den zum Beispiel auch Kees in »Der Mann, der den Zügen nachsah« erlebte, in dem er sein ganzes Leben hinter sich ließ und zu neuen, unbekannten Ufern aufbrach. Bei Bergelon sollte es aber ganz anders verlaufen.
Sehr gut, wie Simenon es unter einen Hut bringt. Anfangs die Schilderungen des normalen Alltags eines Hausarztes, dann der Konflikt in dem er zu ersticken droht, da er mehr sein möchte, als der Arzt in einem mittelmäßigen Viertel und abschließend der Ausbruch aus einem Milieu, auch wenn man nicht weiß, ob es nur ein Ausbruch für kurze Zeit ist. Nicht zu vergessen, dass drohende Unheil, welches man bei einem Non-Maigret von Simenon immer zu erwarten hat.