Würden wir Bremen in Bezug auf Maigret nur mit dem Leichenschauhaus und dem Hauptbahnhof verbinden – es wäre ein Jammer. Deshalb bin zumindest ich dankbar, dass Simenon den Leser:innen einen weiteren Brocken hingeworfen hat. Bei der Fahrt Maigrets durch Bremen, die er in van Dammes Auto absolvierte, sah er das Geschäftsgebäude einer großen Firma: Norddeutscher Lloyd.
Franzosen könnten aus einem Telefonbuch vorlesen, meinte meine bessere Hälfte bei verschiedenen Gelegenheiten, es würde trotzdem sexy klingen. Lässt man das wenig poetische »Merde« außen vor, so hört sich jedes französische Wort toll an. Ein »Non« klingt nicht so hart wie ein deutsches »Nein« und ein »Oui« besser als das Pendant bei uns, bei dem man auch ein »jawohl« davor setzen könnte.
Maigret glaubte einen Namen zu haben, nachdem er den Pass des Mannes hatte, dessen Koffer er geklaut und den er von Brüssel nach Bremen verfolgt hatte. Bei näherer Betracht musste er feststellen, dass er ein gefälschtes Dokument vor sich hatte. Mitnichten wusste er, wer der geheimnisvolle Fremde war. Für den Gewinn weiterer Erkenntnisse begab er sich ins Leichenschauhaus der Hansestadt.
Sollte es Gueuze-Lambic heißen wie in dem Saint-Pholien-Maigret oder besser Lambic-Gueuze? Überhaupt bliebe noch die Frage Gueuze oder Geuze? Zu dieser Fragestellung kommen interessierte Laien erst, wenn sie sich der Antwort nähern, was es um Gottes Willen mit dem Begriff auf sich hat. Wenn das geklärt ist, lassen sich solche Formulierungspetitessen lösen.
In den uns vorliegenden Fall-Akten von Maigret, sie lassen sich auch Romane und Erzählungen nennen, gibt es einige Situationen, in denen der Kommissar fragwürdige Entscheidungen traf. Teilweise führten diese zu fatalen Ergebnissen. Ganz oben dürfte dabei sein Entschluss stehen, einem Mann von Brüssel nach Bremen zu folgen. Und diesem einen falschen Koffer unterzuschieben.
Die in mir schlummernde Neugierde und Pedanterie erwachte, als ich im dritten Absatz von »Maigret und der Gehängte von Saint-Pholien« las, dass Neuschanz im nördlichsten Zipfel Hollands liegen würde. Kann das sein? Gibt es da nicht auch Inseln. Meinereiner musste auf die Karte schauen und prüfen, wie die örtlichen Gegebenheiten einzuschätzen sind und ob Simenon mit dieser Aussage richtig lag.
In dem Moment, in dem Bilder aus der eigenen Vorstellung mit der Realität zusammenkommen, ist oft Enttäuschung angesagt. Was hatte ich mir beim Lesen der Lütticher Romane Simenons unter der Kirche Saint-Pholien vorgestellt? Vermutlich ein unauffälliges, etwas spuckiges Bauwerk. Davor stehend werden viele Besucher wohl enttäuscht sein.
Gerade wer sich mit Simenon-Biografien befasst hat oder das autobiografische Werk Simenons gelesen hat, kommt vielleicht auf die Idee, sich seine Lütticher Stationen vor Ort anschauen zu wollen. Das ist kinderleicht, wenn man erst einmal vor Ort ist. Zum einen, weil die Strecke gut ausgezeichnet ist. Zum anderen, weil es in der Innenstadt ist und ganz flach.
Der Maigret-Herbst startet dieses Jahr sehr früh. Genau genommen am 22. Juni. Das verrät zumindest die Herbst-Winter-Vorschau des Audio-Verlages, die dieser Tage veröffentlicht wurde. An diesem Tag erscheinen die von Walter Kreye gelesenen Maigret-Romane »Maigret und der gelbe Hund« sowie ein einer Retro-Ausgabe »Maigret macht Ferien«, in beiden agiert der Kommissar außerhalb seiner Komfortzone.
Das geht heute nicht mehr, habe ich ein-oder zweimal gedacht, als ich die Folge »Maigret und die Anarchisten« sah. Van Damme hatte Maigret in Reims vor einen Zug geschubst, der dann aber auf einem anderen Gleis fuhr. Maigret nimmt ihn mit nach Paris und verhört ihn dort. Der Beschuldigte redet sich heraus: Das könne man ihm nicht beweisen. Er sage, Maigret sei gestolpert. Gut für van Damme – es gab keine Zeugen.
Maigret hatte in Brüssel, wo er sich aus dienstlichen Gründen aufgehalten hatte, in einem Café einen Mann beobachtet, der ärmlich aussah und trotzdem Tausend-Francs-Scheine zählte. Er entschloss sich, den Mann zu verfolgen. Der Mann fuhr über Amsterdam nach Bremen. Unterwegs tauschte Maigret den Koffer des Mannes – er hatte sich in Brüssel einen Koffer gekauft, der dem des Mannes aufs Haar glich, allerdings nur Zeitungspapier enthielt. Als der Mann den Koffer in seinem Hotelzimmer öffnete und seinen Verlust begriff, erschoss er sich.