Altes Bremer Polizeipräsidium

Harte Kerle


Das Bremer Polizeipräsidium war schön zentral am Wall gelegen, gar nicht so weit entfernt vom Hauptbahnhof der Stadt. Als er den Tod des Mannes, der sich Louis Jeunet nannte, in der Hansestadt untersuchte, kam der Pariser Kommissar nicht nur mit den deutschen Polizisten zusammen, sondern begab sich auch ins Präsidium. Interessant ist dabei eine Schilderung, die uns gegeben wird.

Maigret suchte das Polizeipräsidium auf. In einem mit roten Ziegelsteinen ummauerten Hof vollführten Polizisten trotz der Jahreszeit ihre gymnastischen Übungen mit freiem Oberkörper.

Es soll davon abgesehen werden, dass die Männer im November leicht bekleidet in der Gegend rumhampelten. Interessant ist, wo sie es taten. Simenon schreibt nämlich, dass sie ihre Übungen in einem ummauerten Bereich des Polizeipräsidiums absolvierten. Das ist nicht unmöglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Die baulichen Gegebenheiten haben sich über die Jahre geändert, der Zweite Weltkrieg mit den Zerstörungen in Bremen tat sein Übriges.

Das Präsidium

In einem der gängigen Kartendienste nach dem Polizeipräsidium zu suchen, hat keinen Wert. Heute liegt das Zentrale der Ordnungshüter nicht mehr in der Innenstadt und das Ambiente hat nichts Bürgerliches an sich. Vielmehr handelt es sich um eine ehemalige Kaserne, die jetzt von den Ordnungshütern genutzt wird.

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Stadthaus Bremen – Sitz der Polizei bis zum Bau des Präsidiums

Credits: Public Domain

Das war zu Maigrets (respektive Simenons) Zeiten anders: In den Anfangstagen der Institution »Polizei«, wie sie heute verstanden wird (sprich mit dem Anfang des 19. Jahrhunderts), war diese neben dem Rathaus im Stadthaus untergebracht worden – ein Gebäude, das einfacher gestaltet war als das bekannte Bremer Rathaus. Aber dieses Stadthaus war einem neuen Rathaus im Wege, da das alte vermutlich zu klein für die Behörden der Stadtverwaltung geworden war.

Deshalb entstand zwischen 1906 und 1908 Am Wall 200/201 eine neue Polizisten-Herberge. Das Gebäude war großzügig dimensioniert. Der Architekt Carl Bernstein konzipierte die Zentrale im romantischen Historismus und ließ auch Jugendstil einfließen. Hier saß die Polizei bis 1999. 

Das Gebäude wurde im Anschluss saniert und in einen Einkaufspassage umgewandelt. Neben Geschäften finden sich Justizbehörden in dem Gebäude und als letzte Erinnerung an die vormalige Ära das Polizeirevier für die Innenstadt.

Die Schilderung

In dem Zitat wird nur geschrieben, dass Maigret das Präsidium aufsucht. Bei der Betrachtung des Artikelbildes oben ist leicht zu sehen, dass eine Häuserfront sowohl in die eine wie auch in der andere Richtung zu sehen ist. Die Rückseite dieses Blockes ist genauso mächtig und lässt keine Einblicke zu.

Nun ist es so, dass wenn an Norddeutschland gedacht wird und eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller sich ein repräsentatives Gebäude »vorstellt«, eine Ziegelstein-Komponente gar nicht unwahrscheinlich ist. Ausgerechnet das alte Polizeipräsidium hat diesen Look nicht.

Karte der Bremer Innenstadt aus den 1920er-Jahren (Public Domain)

Auf der Karte ist die Polizei in dem Quadrat F5 zu finden – fast in der Mitte. Bei der Betrachtung fällt auf, dass es keine Nebenflächen für die Polizei zu geben scheint. Das Präsidium nimmt einen Block ein und ist von Straßen umrahmt. 

Gut erkennbar ist, dass es drei Höfe in dem Komplex gibt. Es ist vorstellbar, dass in einem solchen die Polizisten ihre Übungen ausführten. Die Formulierung gibt es meines Erachtens aber nicht her: Denn warum sollte einen Innenhof als »mit roten Ziegelsteinen ummauerten Hof« bezeichnet werden, wenn die Begrenzung vom Gebäude selbst kennt? Wie wahrscheinlich ist es, dass die Bauherren für die Innenhöfe auf Ziegelsteine gewechselt wären?

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Schilderung der sportlichen Aktivitäten sehr schmeichelhaft für die Polizei der damaligen Zeit war und für die minimalistische Bekleidung der Wachmänner grenzt an Heroismus. Der geschilderte Hof entsprang aber eher seiner Fantasie.