Simenon fieberte, in Carmel wohnend, der Scheidung entgegen. Seinen Ausführungen konnte man entnehmen, dass es mit der Trennung so lang brauchte, da Tigy und Georges in jungen Jahren nicht an einen Ehevertrag gedacht hatten und deshalb mühsam alles ausgehandelt werden musste. Das Geschäft hatten sie in die Hände von Rechtsanwälten gelegt.
Jeder schimpft über die Steuern, über das Finanzamt sowieso. Ich habe damit vor langer Zeit aufgehört und gerate nur noch dann in Wallung, wenn es um Verschwendung geht. Auch wenn ich der Meinung bin, dass hierzulande beispielsweise bei der Masken- und Impfstoffbeschaffung Steuergelder verschleudert wurden, das Grundprinzip stelle ich nicht infrage.
Ausgerechnet in dem Kapitel, in dem es mehr oder weniger um die Geburt seines Sohnes John gehen sollte, kommt Simenon ins Plaudern und beginnt ausführlicher über ein Werk, an dem er schrieb, zu berichten. Er befand sich noch in Arizona und so geht es in seinen Ausführungen um »Maigret in Arizona«, wie der Titel hierzulande heißt.
Es erscheint mir ein Vorteil zu sein, sich mit dem Leben von Simenon nicht großartig auszukennen, wenn man sich der »Intimen Memoiren« annimmt. Vielleicht bekommt man nicht ganz so oft Kopfschmerzen vom Schütteln des eigenen Hauptes, wenn man den Ausführungen des Meisters folgt. Das folgende Kapitel lässt interessante Abschweifungen zu.
Auf Seite 315 angekommen, hätte ich ein wenig weiterblättern und stöbern können. So wäre mir der Unfall von Denyse, bei der sie von einem Pferd fiel, nicht so unwichtig vorgekommen, und ich hätte ihn erwähnt. Nachher ist man immer klüger, heißt es – und auch in diesem Fall stimmt es. In Kapitel 31 gibt es starken Tobak.
Bemerkenswert an den »Intimen Memoiren« finde ich, wie wenig das schriftstellerische Schaffen eine Rolle spielt. Zwar werden hin und wieder Werke erwähnt, die in dieser und jener Schaffensperiode entstanden sind. Über eine Erwähnung hinaus geht es nicht hinaus. Das trifft auch im Großen und Ganzen auf seine Verhandlungen mit Verlagen und Filmstudios zu.
Später, da fällt mir immer noch etwas ein, wie beispielsweise die Erwähnung von Simenon, dass »Broadway« so viel heißt wie »breiter Weg«, und ich musste kichern, da die Potsdamer ihre Haupteinkaufsstraße auch »Broadway« nennen, der aber gar nicht so breit ist und zusätzlich eine »Breite Straße« haben, die in der Tat sehr breit ist.
In Tucson hatte Simenon eine Hazienda gefunden, die ihn mehr als begeisterte. Genau begeistert war er von der alten Dame, der die Villa gehörte. An einen Kauf dachte er nicht und die Frau hätte auch nicht verkauft; an einen längeren Aufenthalt aber durchaus. Die Besitzerin des Hauses, Madame Kingham, wollte sich jedoch nicht festlegen.
Man lehnt sich nicht sehr wie aus dem Fenster, wenn man behauptet, das Louis C. Taylor in Simenons Leben keine Rolle spielte. Umso erstaunlicher ist es, dass ich bei der Geschichte dieses Mannes hängen blieb, der wahrlich einem Simenon-Roman entsprungen sein könnte. Der Berührungspunkt ist ein Hotel namens »Pioneer« in Tucson, in welchem Simenon im Jahr 1947 nach seiner Ankunft in der Stadt logierte.
Vor etwa fünfzehn Jahren waren wir ebenfalls in der Ecke, in der sich Simenon nun herumtrieb. Insofern kann ich Simenons Begeisterung für die Städte mit ihrem Flair durchaus nachvollziehen. In den Innenstädten hat sich das Flair schon gehalten. Hinzugekommen sind wahrscheinlich Wolkenkratzer an jeder Ecke, die Simenon so nicht gesehen haben dürfte. Dominiert wird das Kapitel aber von Wasserlebewesen.
Es ist vielleicht keine wirklich gute Nachricht, wenn ich hier verkünde, dass die »Intimen Memoiren« im Augenblick auf Platz 712 der Amazon-Bestseller-Liste stehen, weil ich noch einschränkend hinzufügen muss, dass dies nur in der Rubrik »Geschichte & Kritik - Europäische Literatur« gilt. Es gibt noch zwei weitere Kategorien, wo der Platz im vier- bzw. fünfstelligen Bereich liegt. Ich verstehe das ganz gut.
Ein Absatz, der aus einem Satz besteht, widmet Simenon in diesem Kapitel einem seiner intensivsten Romane: »Drei Zimmer in Manhattan«. Es wäre sein erster Roman über Leidenschaft gewesen und er habe ihn in Sainte-Marguerite geschrieben, mehr lässt er nicht verlauten. Eine Anekdote erzählt er über »Maigret in New York«. Denyse sagte, dass Simenon ihn geschrieben habe und Whisky wäre mit von der Partie gewesen.