Der Super-Band in Gold

Cover-Coups und ein Ekel


An anderer Stelle hatte ich gesagt, dass mich die Aufmachung an Toblerone erinnert. War ganz klar, dass ich diesen Band unbedingt haben wollte, nachdem ich ihn bei Ebay gesehen hatte. Das was zu zahlen war, stellt ein gutes Preis-Leistungsverhältnis dar. Trotzdem musste ich nun mehr ausgeben, als es damals neu gekostet hatte. 1988 wollte der Buchhändler zehn Mark haben.

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Der Versuch, diesen Titel zu reproduzieren, schlug sensationell fehl.

Credits: maigret.de

Im Hinterkopf hatte ich auch, dass ich dieses Schätzchen gern als Cover in meiner Bibliografie hätte. Allein die Technik spielte mir einen üblichen Streich. Die Oberfläche des Covers ist nicht nur goldfarben, es glänzt dazu auch noch. Das gibt ganz schlechte Ergebnisse, wenn versucht wird mit einem Flachbettscanner eine gute Reproduktion hinzubekommen.

In dem Band finden sich gleich drei Maigret-Romane und allesamt spielen in meinen Augen in der oberen Liga:

  • »Maigret amüsiert sich«
  • »Mein Freund Maigret« und
  • »Maigret und die junge Tote«

Herausgegeben wurde der Band anlässlich des 85. Geburtstages von Georges Simenon. Ist also schon ein Weilchen her. Der Umschlag meines Exemplars ist gut erhalten, wenn auch ziemlich zerkratzt. Das sieht man bei Gold – ähh, Gold-Metallic-Druck offenbar sofort. Das Papier ist schon ziemlich gelblich und damit die Stelle, wo der Verlag seinen Kompromiss machte.

Normalerweise gebe ich bei Sammelbänden die Seitenzahlen der Geschichten mit an. Das hat ein wenig an Bedeutung verloren, seitdem ich oft nur die Ebooks zur Verfügung habe und Seitennummern abhängig vom Format des Gerätes (oder der Fenstergröße) sind. Aber auch in diesem Fall kann ich keine Hinweise auf die Pagina geben – mit jeder neuen Geschichte wird sie zurückgesetzt. Das erfolgte jedoch nicht konsequent – das erste Kapitel der Geschichte um die junge Tote fängt laut Inhaltsverzeichnis auf Seite 7 an; wenn ich den Buchtitel mitzähle, komme ich auf Seite 5. Bei den anderen beiden Stories in dem Buch verhält es sich genauso.

Donauland

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Der zweite Erwerb in diesen Wochen war eine Buchklub-Ausgabe von »Maigret vor dem Schwurgericht« und »Maigret und die Unbekannte«. Als ich in das Impressum schaute, war ich ein verwirrt. Denn neben Donauland standen da noch eine ganze Reihe von Lizenznehmern, allen voran die Bertelsmänner aus Gütersloh. Da sprach doch vieles dafür, dass Donauland nicht ganz so autark agierte, wie ich das mir vorgestellt hatte.

Die Buchgemeinschaft Donauland wurde 1950 von Rudolf Kremayr und Wilhelm Scheriau gegründet. Der dazugehörige Verlag Kremayr & Scheriau wurde ein Jahr später auf die Beine gestellt. Im Mittelpunkt des Unternehmens, gerade in den Anfangsjahren, stand der zum Zeitpunkt der Gründung 45-jährige Kremayr. Er hatte elf Geschwister und wuchs bäuerlich auf – eine Karriere im Verlagswesen hat ihm sicher niemand in jungen Jahren zu geschrieben. Der junge Mann musste sich umschauen, da er nicht der Erstgeborene war und der Hof der Eltern nicht ihm zugeschlagen werden würde. Da er in Österreich keine Perspektive sah, schon gar nicht im bäuerlichen Umfeld, machte er sich auf nach Deutschland und heuerte bei einem Zeitschriftenvertrieb in Düsseldorf an. Dort lernte er das, was er später auch in »seinem« Geschäft praktizierte: Die persönliche Betreuung der Kundschaft ist das A und O. 

Der Mann war sehr ehrgeizig. Rudolf Kremayr schaffte es, dass Doppelte des Durchschnittsverkäufers zu verdienen und stieg schnell auf. Die neue Position machte ihn jedoch nicht glücklich – er wollte keinen Chef mehr haben. In Wien gründete er 1938 seinen eigenen Zeitschriftenvertrieb. Sein Erfolgskonzept hatte er die acht Jahre zuvor schon praktiziert: Er ging zu den Kunden und verkaufte ihnen Abonnements, im Anschluss kamen die Zeitschriften nicht per Post sondern persönlich zugestellt. Was die Deutschen schon mochten, kam auch in Österreich gut an und ermöglichte ihm auch während des Krieges zu expandieren.

Der tangierte ihn kaum, er war gut untergekommen und geriet auch nicht in Kriegsgefangenschaft. Hinderlicher war da vielmehr, dass er sein Temperament nicht im Zaum halten konnte. So erschlug er den Mieter einer seiner Wohnungen und stand dafür vor Gericht. Wäre es nach dem ersten Urteil gegangen, so hätte der Vertriebler einige Jahre im Gefängnis verbringen müssen (einschließlich angeordneten Fastens an dem Tag seiner Tat). Aber er konnte nachweisen, dass sein Opfer einen »Papierschädel« und wurde freigesprochen. Ist ja schön, dass er das herausgefunden hatte – aber die Tatsache bleibt, dass ohne den unerwarteten Angriff und die Körperverletzung, der Mann zu dem Zeitpunkt nicht gestorben wäre. Kremayr bekam keine gute Presse dafür und wer ihn jetzt unsympathisch finden sollte, dem möchte ich nicht widersprechen.

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Aus dem Impressum

Credits: Donauland

Das Geschäft mit der Buchgemeinschaft lief prächtig. Auch hier wendete er die gleichen Prinzipien an – persönlich und nah. Buchhandlungen wurden gegründet und man kam in besten Zeiten auf über 300.000 Mitglieder (die, wie bei solchen Unternehmen üblich, mindestens vier Bücher pro Jahr abzunehmen hatten). Das Problem für den Verlag war, dass er für Österreich groß war – aber für den internationalen Markt war er nicht sehr interessant. So suchte sich Donauland einen potenten Vertreter und fand ihn in Gütersloh. Seit 1966 gingen die beiden Unternehmen zusammen. Das fiel ungefähr mit einem Herzinfarkt des Gründers zusammen, der seinen Verlag daraufhin an Bertelsmann verkauft – die dann Donauland und den Bertelsmann Buchclub fusionierten.

In den 2000er-Jahren begann der Niedergang des Buchgemeinschaftsgeschäftes. Bertelsmann zog sich Stück für Stück aus dem Geschäftssegment zurück und letztlich wurde die endgültige Schließung von Donauland für Ende 2015 angekündigt. Nun hatte Martin Scheriau, der Sohn des zweiten Gründers, schon 2002 die Anteile am Verlag Kremayr & Scheriau zurückgekauft. Scheriau nutzte die Gelegenheit und kaufte Bertelsmann Donauland an, welches heute noch immer am Markt tätig ist.

Das hätte, denken Sie sich jetzt, ja auch die Erben des 1989 gestorbenen Rudolf Kremayrs machen können. Ich habe nach der Lektüre dieses Artikels eine ungefähre Ahnung, warum sie davon Abstand nahmen.