Über die Story
Man kann es sich so richtig vorstellen: es ist dunkel und ungemütlich, Schnee liegt. Vor einem Bahnhof steht ein einsames Schlitten-Taxi, wie soll man es sonst nennen, und der Besitzer des Gefährts wartet, wie heute vor den Bahnhöfen die Motordroschken, auf Fahrgäste. Seine Hoffnung ist der nächste Zug, wahrscheinlich der letzte an diesem Tag. Ob die Passagiere der zweiten und dritten Klasse sein Gefährt in Anspruch nehmen würden, wagte er zu bezweifeln, so waren seine Hoffnungen auf die erste Klasse gerichtet. Und er, Schultz, hatte Glück.
So stand er später immer wieder im Mittelpunkt, wenn die Geschichte des seltsamen Reisenden zu erzählen war. Schultz stürzte auf den Wagen zu und bevor er da war, rief ihm der Fremde schon zu: »Komm her, du versoffener Kutscher!«, was den Kutscher später arg irritierte. Vorher konnte der Fremde wissen, was er, Schultz, für einen Ruf in Wilna hatte?
Aber sei’s drum: der Mann hatte offensichtlich Geld und gehörte gefahren. Der Fremde nahm das beste Hotel am Platze und reservierte sich eine ganze Etage. Das andere Gäste für ihn umziehen mussten, interessierte ihn nicht im geringten. Sollten sie doch, er bezahlte für die Zimmer. Und nachdem er es sich im Hotel gemütlich gemacht hatte, begab er sich auf eine Rundfahrt durch die Stadt, die den Fremden in die Armenviertel führte. Schultz fuhr ihn hin, mittlerweile sehr sicher, dass ihm ein großzügiges Salär winkte. Bestätigt wurde er von seinen Beobachtungen, denn der Mann stieg hin und wieder aus dem Schlitten, stellte Leuten Fragen, und winkte nicht nur mit großen Geldscheinen, sondern gab sie dann auch weiter.
Man kann sagen, dass der merkwürdige Fremde, glückliche Leute auf seinem Wege hinterließ. Es war wie Weihnachten. Ach ja: es war eine Woche vor Weihnachten.
Aber dann ließ sich der Fremde, von dem Schultz nicht wusste, woher er kam, in ein einsames Dorf kutschieren, von da an, das merkte der Kutscher, hinterließ der Fremde keine glücklichen Menschen mehr. Es gab Streit und laute Worte. Einen, den der Mann besuchte, nahm er mit in das Hotel.
Die nächsten Tage war der Kutscher weniger beschäftigt. Von dem Mann, den der Fremde mit in seine Etage genommen hatte, hörte man wenig und sah man nichts. Ein Zimmermädchen, das im Hotel am Platze seinen Dienst versah, berichtete verstört, dass es aus einem der Zimmer des Fremden Stöhnen gehört hätte. Sehr beunruhigend was das alles: der Fremde antwortete aber nicht darauf, wenn man ihn ansprach. Der Mann in seinem Zimmer bekam nichts Großartiges zu essen, hin und wieder nahm ihm der reiche Mann ein bisschen Brot mit nach oben, nichts, was in die großzügige und feine Kategorie zu passen schien, in der der Fremde speiste.
Das ganze Hotel hielt seinen Atem an, geschlossen sozusagen, als die Zeitungen berichteten, dass in dem Dorf, aus dem der Fremde seinen Gast mitgebracht hatte, ein alter Mann erstochen aufgefunden wurde. Den Fremden interessierte es nicht, er ignorierte alle Andeutungen. Bis er eines Tages herunterkam und sagte, sein Gast hätte sich erhängt…