Die Hellseherin war tot. Der wichtigste Zeuge Maigrets in dem Fall, Joseph Mascouvin, hatte sich in die Seine gestürzt und lag schwer verletzt im Krankenhaus. Die Zeitungen hatten viel zu berichten. Eine junge Frau machte sich in ihrer Wohnung zurecht und begab sich zur Polizei. Mademoiselle Janiveau konnte helfen, sie war die Stiefschwester. Moment, was ist mit den Namen?
Sprach- und Worterfindern hätte man auf den Weg mitgeben müssen: »Gibt es den Begriff schon im Wörterbuch? Dann streng dich an und lass dir einen neuen Begriff einfallen!« Ohne die Regel regierte die Faulheit und für ganz unterschiedliche Sachverhalte wurde der gleiche Begriff verwendet. Das führt – ehrlich gesagt – nur zu Konfusion. Insbesondere bei Übersetzungen.
Was die Concierge über Antoinette Le Cloaguen zu erzählen hatte, war interessant für Maigret. Sie und ihre Tochter kauften die schlechtesten Partien für sich beim Metzger. Ein Dienstmädchen hatten sie nicht, sondern es kam »nur« eine Putzfrau jeden Morgen. Aber die Le Cloaguens waren reich, meinte die gute Seele des Hauses. Die Empfänge jeden Montag wären ein Indiz.
Fliegen die Buchstaben, Wörter, Sätze beim Lesen an mir vorbei, entstehen vor meinem geistigen Auge Filme. Maigret und seine Kollegen, für jeden habe ich ein Gesicht. So geht mir das auch mit den Gesprächen, die geführt werden und den Handlungen, die uns der Autor in einer Geschichte schildert. Blöd ist's, wenn dieser Film plötzlich durch ein Fehler im Skript gestört wird. Da wird es dann schräg.
In der beliebten Reihe »Schau an, so etwas gab es auch mal« wird diesmal eine Gerätschaft vorgestellt, deren Nutzen spätestens seit dem späten 18. Jahrhundert infrage gestellt werden musste – sich aber bis in das 20. Jahrhundert behauptete. Wer heute auf den Trichter käme, mit diesem Accessoire – der Lorgnette – in der Öffentlichkeit aufzutauchen, dürfte modisches Aufsehen erregen wollen.
Die häufige Erwähnung einer Lokalität im Maigret-Universum ist kein Indiz dafür, dass diese tatsächlich existiert hat – die »Brasserie Dauphine« kann als Beweis dafür gesehen werden. Mal streute Simenon wahrhaftiges Lokalkolorit ein, oft entsprang ein Restaurant oder ein Bistro seiner Fantasie. Leichter herauszufinden, was wahr ist, macht es einem der Lauf der Zeit nicht. Diesmal: das »Manière«.
Etwa fünfundsiebzig Jahre ist es her, dass Albert Préjean seinen ersten Auftritt als Kommissar Maigret hatte. Technik und Erzählweise haben sich mit der Zeit geändert. Ins Auge fällt einem das, wenn man die technischen Tricks und Kniffe der damaligen Zeit sieht. Ich war ganz baff, als ich den Film nun sah und mit einer Bild-in-Bild-Aufnahme konfrontiert wurde. Vielleicht gab es das ja häufiger, mir was es bisher nur nicht aufgefallen.
Dramatische Musik ertönt, Namen längst verstorbenen Schauspieler laufen über den Fernseher und mit der ersten Szene gibt es einen abrupten Wechsel: Akkordeon-Musik, die man gleich mit Frankreich assoziiert, ertönt und man sieht einen Mann in einem Gartenstuhl liegen, eine Zeitung über dem Gesicht, während im Hintergrund zwei Männer Schach spielen und zwei Frauen laut miteinander plappern.
Maigret sollte sich wundern: Da findet man in der Wohnung einer Ermordeten einen alten Mann, der die Ruhe selbst war und nicht redete. Als man endlich herausgefunden hatte, wohin er gehört und ihn nach Hause fuhr, wurde er unruhig. Dort angekommen, erkennt der Kommissar, wie der Hase läuft. Aber das ist nicht das größte Problem Maigrets. Der Mord war angekündigt worden. Ganz Paris hatte Maigret überwachen lassen, auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen. Unterschrieben hatte der Mörder mit »Picpus«...