Maigret aus Holland


Glaubt man Simenon, so entstand das Bild des Maigrets und auch der erste Roman in Delfzijl nahe der deutschen Grenze. Selbst wenn das nicht ganz den Tatsachen entsprechen sollte, so hatte Maigret hier doch zu tun. Und der Ort erinnert daran.

Es kann sein, das sollten wir wirklich in Erwägung sein, dass wir Kommissar Maigret einem Unglück verdanken: 1929, Simenon ist mit seiner Ostrogoth unterwegs, landet er in der Emsmündung. Sein erster Weg führt in Richtung Wilhelmshaven – den deutschen Behörden erschien dieser Schifffahrtsmann (Belgier unter französischer Flagge) sehr suspekt: er bekam regelmäßig Telegramme, die mit »Détective« unterschrieben waren. Simenons Begründung erschien ihnen plausibel genug, um ihn nicht gleich einzukerkern; war ihn aber nicht so geheuer, als dass sie ihn in Deutschland bleiben ließen. So zog der Schriftsteller weiter und landete in Delfzijl – einem kleinen holländischen Hafenstädtchen.

Er verkündete seinen Passagieren – heißt hauptsächlich seiner Frau – er gedenke vor Ort zu bleiben. So kam Delfzijl die Ehre zu, der Quell des ersten »wahren« Maigret zu werden. Die Entscheidung war sicher nicht ganz freiwillig, bekam doch die »Ostrogoth« im Hafen plötzlich ein Leck und war gar nicht mehr seetüchtig. Und, es ist auch nicht so klar, ob der erste Maigret wirklich in Holland entstand. So mancher vermutet, dass der erste Maigret viel eher in Paris entstanden ist. Aber die Legende will es so…

Die ersten Überraschungen erlebt man gleich, nachdem man den Bahnhof – der gleiche, der auch dem Kommissar in seinem Fall als Anlaufstation diente – in Richtung Einkaufsstraße verlassen hat, steht man vor einem aufgeschlagenen Buch; einem von zwei Simenon-Denkmälern in der Stadt. Dort wird verkündet, dass »Maigret in Holland« der erste Maigret wäre, der auch noch in Delfzijl geschrieben worden wäre. Das ist dann ein bisschen zuviel des Guten: »Pietr-le-Letton« war bekannterweise der Maigret, den Simenon in Delfzijl schrieb.

Ein Wort noch zum Bahnhof: in diesem befindet sich das Fremdenverkehrsbüro, in dem man nett versorgt wird. Auch wenn reine Simenon-Touristen der Minderheit anzugehören scheinen, kann man dort zum einen Stadtplan bekommen und zum anderen ist eine holländische Broschüre erhältlich, die das Thema »Maigret« behandelt. Die Simenon-BroschüreSie beinhaltet alte Fotos von den Stätten, die Simenon in seinem Roman »Maigret in Holland« erwähnt.

Uns hatte die nette Dame auf die Karte gezeichnet, wo das Simenon-Denkmal zu finden ist – das war auf der Karte nicht gesondert ausgezeichnet, Nachfragen lohnt auf alle Fälle: Delfzijl ist nicht ganz so klein – und man erreicht es innerhalb einer halben Stunde ganz bequem zu Fuß (vorausgesetzt man verläuft sich nicht – uns passiert: da standen wir ganz dumm auf einer Halbinsel und die Brücke zu gegenüberliegenden Seite war zu…).

Das bekannte Denkmal – Kommissar Maigret – steht in einem kleinen Wald. Simenon hatte das Denkmal 1966 selbst eingeweiht und bekannt geworden ist es durch das Foto, in dem sich alle damaligen Maigret-Darsteller um die Statue versammelt hatten.Das Maigret-DenkmalEs hat schon einen gewissen Reiz auf den Spuren des Kommissars zu wandeln. Allerdings sollte man, wenn man dort hinfährt, den Hinweis beachten, dass dieser Ort heute eine kleine Industriestadt ist – die Schönheit liegt allein im Auge des Betrachters und im Wissen, an der Stelle ist das Rathaus, in dem der Kommissar in der Fantasie Simenons hin und wieder eingekehrt sein soll (heute eine Pension), jenes sei der Hafen, in dem Simenon lag und dort der Kanal, an dem der Kommissar abends spaziergegangen soll. Es liegt an der Fantasie des Besuchers von Delfzijl, was aus diesem Besuch wird…