Hans Altenhein

Das Kleingedruckte


Die neue Hörbuch-Box »Maigret. Die raffiniertesten Fälle« (DAV) enthält drei Hörspiele, die auf frühe Simenon-Geschichten zurückgehen: »Einbruch auf dem Boulevard Beaumarchais«, »Die Herberge der Ertrunkenen« und »Hotel Nordstern«. Die kleingedruckten Hinweise auf den Beilage-Zetteln geben nähere Auskunft über die Erstausgaben.

»L’affaire du boulevard Beaumarchais«, »L’Auberge des Noyés« und »Étoile du Nord« erschienen zuerst 1944 bei Gallimard in dem Sammelband »Les Nouvelles Enquêtes de Maigret«. Alle drei Geschichten waren früher schon in populären Zeitschriften abgedruckt worden.

1944, das heißt noch zu Anfang des Jahres: Frankreich ist von der deutschen Wehrmacht erobert und zum großen Teil besetzt, in Paris üben deutsche Literaturoffiziere die Zensur über Presse, Film, Rundfunk, Bücher und eben auch einen Sammelband wie den von Simenon aus. Der lebt zu dieser Zeit auf dem Lande in der Umgebung von La Rochelle am Golf von Biscaya, als Belgier scheinbar entfernt von der großen Politik, als Journalist und Autor aber im Auge der deutschen Militärzensur, zugleich beteiligt an deutsch-französischen Filmproduktionen. Tatsächlich erscheinen zwei seiner frühen Geschichten, noch unter dem Namen Sim, auf den deutschen Verbotslisten, »La femme 47« und »Deuxième bureau«, eine Spionage-Affäre. Französische Verlage probieren das Weiterleben unter der Besatzung, der deutsche Literaturoffizier Gerhard Heller wird sich später seiner guten Beziehungen zu einigen von ihnen rühmen, besonders zu Gallimard.

Aber im Sommer 1944 landen die Alliierten in der Normandie, im August wird Paris befreit. Bald werden die Franzosen den belgischen Autor, wenn nicht als Kollaborateur, dann doch als Opportunisten in schwerer Zeit verdächtigen – nach Kriegende verlässt er Frankreich, um erst 1955 zurück zu kehren. 

Im Kleingedruckten spiegelt sich die Weltgeschichte.