Fast eine deutsche Geschichte

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Der Zug kam aus Warschau. Gegen ein Uhr trifft er in Jeumont, einem kleinen Ort hinter der belgischen Grenze ein. In Jeumont hat der Zug, der über Berlin und Köln verkehrt, 51 Minuten Aufenthalt. Gelegenheit für die Zöllner und Polizei, die Passagiere ordentlich wach zu machen und mit einer gründlichen Kontrolle von Pässen und Gepäck zu unterhalten. Die Reisender der zweiten und dritten Klasse haben sogar das Privileg, das Schauspiel auf dem Bahnsteig zu genießen.

Paul Vinchon, ein Neffe Maigrets, kontrolliert die Pässe in der ersten Klasse.

»Pässe, Personalausweise…«
Er befand sich in einem deutschen Waggon mit Sitzen aus rotem Samt. Normalerweise waren in diesen Sitzen nur vier Plätze besetzt, aber nachdem die Zahnärzte den 106 mit Beschlag belegt hatten, waren es diesmal sechs. Paule verhehlte nicht seine Bewunderung für die hübsche Frau, die in der linken Ecke zum Gang hin saß und im Besitz eines österreichischen Passes war. Die anderen Passagiere würdigte er kaum eines Blickes, bis er ans Ende des Abteils kam, wo ein Mann reglos unter einer dicken Decke schlief.
»Passkontrolle!« wiederholte er und tippte ihm auf die Schulter. Die anderen Passagiere begannen, ihre Koffer für die Zollkontrolle zu öffnen. Vinchon schüttelte den Schläfer, sah ihn zur Seite kippen und stellte einen Augenblick später fest, dass der Mann tot war.

Kurze Zeit später klingelt es bei Maigret, sein Neffe teilt ihm das Vorkommnis mit, ratsuchend mit. Der Mann war an einem Stich ins Herz gestorben, wie ein anwesender Arzt feststellte. Unterdessen macht Maigret sich auf den Weg aus dem Bett zum Quai; in der Registratur bekommt er mehr oder weniger viele Informationen zu den Passagieren des Abteils. Mit diesen unter dem Arm fährt er von Paris nach Jeumont, um seinem Neffen bei der Aufklärung des Mordfalles zu helfen.