Über die Story
Die Entscheidung ist ihm mehr als schwer gefallen, aber als sie gefallen war, setzte Hans Kuperus alles daran, seine Entscheidung »sauber« umzusetzen. Er betrachtete es schon als sehr geduldig an, ein Jahr zu warten, bevor er zur Tat schritt und der Fremdgeherei seiner Frau mit dem stadtbekanntesten Frauenliebhaber ein Ende setzte – ein finales Ende, wie man betonen muss. Er lauerte den beiden an ihrem Liebesnest auf und erschoss sie. Anschließend schmiss er die beiden samt Waffe in den angrenzenden Kanal und bereitete sich auf seine Verhaftung vor.
Das Verbrechen war wirklich perfekt geplant und spielte mit der Tatsache, dass Hans Kuperus einmal in der Woche nach Amsterdam fuhr, wo er an einer Sitzung teilnahm. Nun verschob er einfach seine Fahrt nach Amsterdam um einen Tag und nutzte den Tag, um ein bisschen in der niederländischen Hauptstadt zu shoppen – er erstand die Tatwaffe. Auf der Rückfahrt, setzte er sich bei allen Personen in entsprechende Licht, so dass sie dachten: »Aha, der Doktor – dann ist heute Mittwoch!« War es aber gar nicht, und so bekam der Arzt sein Alibi. Als er seine Frau und ihren Liebhaber sah, wusste er: der anonyme Briefschreiber hatte Recht gehabt – denn er war es, der alles auslöste…
Zwei Schatten bewegten sich vor ihm ... Er war zehn Meter von ihnen entfernt ... Es war Alice, die alles auslöste, die stehenblieb und sich voll Unruhe umwandte. Und um sie zu beruhigen, drehte sich der andere ebenfalls um.
Da schoss Kuperus ... Einmal ... Zweimal ... Noch einmal, weil Schutter nicht ganz hingestürzt, sondern nur in die Knie gesunken war.
Die Verhaftung blieb aus: eine Kälteperiode brach herein und die Kanäle froren zu. Keiner entdeckte die Leichen. So musste er, der mit seiner baldigen Entdeckung gerechnet hatte, zur Polizei gehen und seine Frau als vermisst melden, um nicht aufzufallen. Das gleiche Schicksal ereilte den Liebhaber seiner Frau – Schutter – und so kamen die Leute schnell auf die Idee, dass die beiden etwas miteinander gehabt haben könnten. Da der Mensch zu positiven Denken neigt, nahmen sie aber an, die beiden hätten sich aus dem Staub gemacht und würden ein schönes Leben genießen. Der Gedanke, dass die beiden tot im Kanal liegen könnten, der kam ihnen nicht.
Hans Kuperus geht es gar nicht um seine Frau, wie sich immer mehr herausstellt. Es war Schutter, der ihn viel mehr genervt hatte. War das Verhältnis zu seiner Frau nur das berühmte Tropfen, der das Ölfass zum überlaufen brachte? Schutter war reich und galt in Sneek etwas. Er war Vorsitzender der Billard-Akademie, ein Posten, den Kuperus unheimlich gern gehabt hätte, der aber Schutter angedient wurde, obwohl er sich dafür gar nicht interessierte. Ähnlich verhielt es sich mit den politischen Posten. Immer und immer wieder: Schutter hier, Schutter da. Nun war Schutter tot und Kuperus war unbedingt der Meinung, dass es nichts Besseres geben konnte. Nur: mit der Meinung stand er allein da.
Die Rolle seiner Frau hat schnell Neel, sein Dienstmädchen, übernommen. Sie teilt, gegen ihren Willen, bald Tisch und Bett mit dem Arzt. Er verfällt dem schlichten Mädchen immer mehr und erkennt bald, dass er ohne die Frau nicht mehr leben kann. Durch diese Affäre erfährt er allerdings, dass nicht nur seine Frau vor ihm Geheimnisse hat. Seit über einem Jahr lebte ein Mann in seinem Haus, ein Deutscher namens Karl Vorberg, der aus Deutschland flüchten musste, und bei Neel Unterschlupf gefunden hatte. Er näherte sich von seinem Essen, schlief mit »seiner« Neel – ein Unding, wie der Arzt finden, es sich anfangs aber nicht traut auszusprechen.
Mit der Zeit fasst er immer mehr Vertrauen und tritt wie jemand auf, der nichts zu verbergen hat, nicht einmal, dass er einen Mord begangen hat. Denn die Leichen tauchen mit dem Frühjahr und den auftauenden Kanälen auf. Kuperus macht niemand einen Vorwurf: er ist der hintergangene Ehemann, mit dem man Mitleid haben muss. Er bewirbt sich um den Vorsitz der Billard-Akademie und erklärt, dass er überlege, ob er in die Politik einsteige.
Aber der Arzt treibt es zu bunt. Die Bürger der Stadt, die auf Ausgleich und Unauffälligkeit aus sind, haben kein Verständnis für das exponierte Auftreten von Hans Kuperus und geben es ihm zu verstehen.
Die Folge ist, dass ihm Freunde zu verstehen geben, dass es das Beste wäre, wenn er sich für eine Weile aus der Stadt verabschieden würde, ein wenig auf Reisen ginge, sich vielleicht woanders eine Frau suchen ginge (denn Neel war als Arztfrau überhaupt nicht akzeptabel). Der Arzt schaltet auf stur, hat sich mittlerweile in den Kopf gesetzt, dass ihm keiner etwas könne – es gäbe ja keine Beweise. Aber auch ein Doktor Hans Kuperus ist nicht unantastbar. Als er auf die guten Ratschläge nicht hören will, auch nicht auf die wachsende Ablehnung reagiert (zum Beispiel hat keiner mehr Lust auf ein Billard-Spiel mit ihm, die Leute gingen zum förmlicheren Sie über), kommt eines Tages eine Vorladung zum Untersuchungsrichter, einem alten Schulfreund von ihm. Der vermeidet es, ihm die Hand zu geben. Viel deutlicher geht es nun eigentlich nicht mehr.