Da habe ich gerade eine halbe Stunde damit zugebracht, herauszubekommen, warum in der deutschen Übersetzung von »Weihnachten bei den Maigrets« Torrence gegenüber Maigret behauptet, dass die junge Dame »sich zur Rue de Maubeuge in die Nähe der Gare du Nord« hat fahren lassen. Beim Lesen dachte ich immer: »Warum denn ›Nähe der Gare du Nord‹?« Das hört sich für mich weder schön noch richtig an.
Grandmaison und Maigret hatten schon auf die Ankunft von Madame Grandmaison gewartet, die aus Caen nach Ouistreham kommen sollte (oder wollte). Indes sie kam nicht, sondern nur der Chauffeur, der berichtete, dass der Madame während der Autofahrt schlecht wurde und sie deshalb an einer Kreuzung ausgestiegen war. Stutzig wird man als Leser vielleicht, wenn man hört, wo die Madame ausstieg.
Ein guter Seemann, sagte man, könnte er werden, gar Offizier oder Kapitän. Allerdings war er auch jähzornig und unbedacht, wenn er Alkohol getrunken hatte, umso mehr und die Tatsache, dass er einen Polizisten umgebracht hatte – im Suff – würde ihm noch sein Lebtag anhängen. Julie Legrand hatte so manche Sorge was ihren Bruder anging und ersuchte deshalb in einer Kapelle, um göttlichen Beistand zu erbitten.
Liest man nur und folgt der Geschichte, dann hat man wenig Probleme. Untersucht man jedoch den Text, dann bleibt man an Wörtern hängen, die man ansonsten übersprungen oder hingenommen hätte. Das Problem verschärft sich, wenn man ein Register aufbaut. In dem Fall lässt sich ein Wort nicht einfach beiseite schieben, sondern gehört untersucht, denn es soll richtig einsortiert werden.
Ich war da einer ganz großen Sache auf der Spur! Es ging um Lucas, den ältesten und treuesten Begleiter von Maigret. Man liest immer mal wieder einen Maigret und da bleiben bestimmte Sachen im Hinterkopf haften. Beispielsweise: Lucas ist klein. Schließlich wird immer mal wieder, wie in »Madame Maigrets Freundin«, auf die Größe des Wachtmeisters angespielt. Da gab es doch ein wenig Spielraum, oder?
Es gibt da diese Kalenderblätter, die in Zeitungen und Zeitschriften erscheinen; hin und wieder auch im Radio und die Redakteure der Kultur-Magazine schauen auch hin und wieder mal in den Kalender und stellen dann fest: »Huch, XY hat ja demnächst wieder Geburtstag|Todestag« – daraus resultiert dann ein Beitrag und die Leser, Hörer und Seher machen sich dann auf den Weg in die Buchhandlung.
Nimmt man es genau, sind nicht nur die Romane von Simenon sehr spannend; genauso spannend und interessant sind auch die Geschichten, die sich um die Veröffentlichungen drehen. In der letzten Zeit gab es hin und wieder mal Nachfragen, welche Übersetzung wann und wo erschienen ist; warum und weshalb und welche Übersetzungen prinzipiell empfehlenswert sind. Hier soll es eine kurze Zusammenfassung geben.
Neulich habe ich mir einen Maigret-Band aus der »Tout Simenon«-Reihe zugelegt, in der mehrere Bände zusammengefasst sind. Sie kosten zwar ein Vermögen, aber als E-Book sind sie recht leicht durchsuchbar und machen das Gepäck nicht zu schwer. Für mich sind sie weniger zum Lesen, sondern vielmehr zum Nachschlagen gedacht. Für den Dienstmädchen-Roman der Maigret-Reihe habe ich zweimal nachgeschlagen.
Chester F. Carlson erfand zusammen mit Otto Kornei das Verfahren, dass heute langläufig unter dem Namen »Fotokopieren« oder »Ablichten« bekannt ist. Im Oktober 1938 war es soweit: Der erste Test gelang und das 1937 zum Patent angemeldete Verfahren erwies sich als praxistauglich. Zwei Jahre nachdem das Patent von der Firma Haloid Company aufgekauft wurde (später dann Xerox), kam das erste Gerät auf den Markt.
Es ist nicht so, dass Maigret nicht wirklich mit Fernsehgeräten zu tun gehabt hat: In den späteren Maigrets wird davon berichtet, dass der Kommissar und seine Frau ihre Abend vor der Flimmerkiste verbrachten. Allerdings ist es nicht so, dass Simenon prophetische Fähigkeiten im Hinblick auf technische Entwicklungen gehabt hätte, weshalb auch der zweite Fund in »Maigret in Nöten« eher einem Übersetzungstrend folgte.
René Barthélemy kann als Pionier des französischen Fernsehens gelten: Von Dezember 1932 strahlte er mit »Paris Télévision« das erste Fernsehprogramm Frankreichs aus – eine Stunde pro Woche in Schwarzweiß, wie man sich denken kann. Es gab nur wenige Empfangsgeräte und die befanden sich hauptsächlich in öffentlichen Einrichtungen und das vermutlich nur in Paris. »Liberty Bar« wurde im Mai 1932 vollendet.
Früher wurden noch »die Netze eingeholt«, nun war man einfach nur »fischen«. Das Resultat ist zumindest für den Fisch identisch. Aber kann man das vom Leser auch behaupten? Übersetzungen sind immer ein schwieriges Thema, was mir gerade mal wieder beim Lesen von »Die Marie vom Hafen« auffiel. Mir fällt es hier sehr schwer, mich für eine Variante zu entscheiden und zu sagen: »Das ist die Bessere!«