Franzosen könnten aus einem Telefonbuch vorlesen, meinte meine bessere Hälfte bei verschiedenen Gelegenheiten, es würde trotzdem sexy klingen. Lässt man das wenig poetische »Merde« außen vor, so hört sich jedes französische Wort toll an. Ein »Non« klingt nicht so hart wie ein deutsches »Nein« und ein »Oui« besser als das Pendant bei uns, bei dem man auch ein »jawohl« davor setzen könnte.
Maigret stieg aus dem Zug aus. Das Licht an der Côte d'Azur ist ein spezielles, die Augen müssen sich erst daran gewöhnen und dann war es da ... dieses Gefühl von Ferien, was den Kommissar aus Paris überkam. Es ist der erste Absatz, der Leser:innen in die gleiche Stimmung versetzt, den Wunsch nach Ausspannen, nach Sonne, vielleicht auch nach einem Pastis. Vorausgesetzt ...
Der Monat neigte sich dem Ende zu, somit wurde es Zeit, auf die Kalenderdaten des nächsten zu schauen. Bei der Recherche nach zu nennenden Titeln stieß ich auf den Endjahres-Roman »Im Falle eines Unfalls«. Die Geschichte begann im November und schloss am Ende des darauffolgenden Monats. Ein wenig Neugierde brachte mich zum Stolpern.
In der komischen Zeit, in der das ganze Wissen nicht mit einem Smartphone abrufbar war, stellte ich mir die Frage, warum und woher der Begriff »Backfisch« für eine junge Frau käme. Die Erklärung, die ich fand, war, dass es aus dem Englischen käme und Fische bezeichnete, die zu klein für den Teller waren. Das nahm ich hin. Ein Simenon stellte mich nun vor dieselbe Fragestellung.
Simenon pflegte in einfacher Sprache zu schreiben. Diese Beteuerung mag korrekt sein, hilft aber nicht, wenn man des Französischen nicht ausreichend mächtig ist. Übersetzungen schaffen Abhilfe. Im Oktober 2004 führten wir ein Gespräch mit Ingrid Altrichter, einer bekannten Übersetzerin von Simenon-Romanen. Das Gespräch gibt interessante Einblicke in die Arbeit der Übersetzenden.
Schriftsteller legen ihren Figuren in ihren erfundenen Geschichten Gesagtes in den Mund. Einerseits ist es wichtig, dass das Gesagte zum Kontext passt (oder absichtlich manchmal auch nicht) und zum anderen, dass die Wortwahl zu den Protagonisten passt. Würde ein Hamburger einen anderen morgens mit »Grüß Gott!« grüßen – es wäre schon arg merkwürdig.
In den Geschichten, die um Porquerolles herum spielen, lässt Simenon seine Figuren sehr viel Angeln. Es ist erstaunlich, was er seine Figuren aus dem Wasser holen lässt und zeigt, dass sich der Schriftsteller in dem Metier gut auskannte. Ich nehme das hin, da mich an Fischen nur zwei Sachen interessieren: Sind sie hübsch oder haben sie Gräten?
Die Übersetzenden sind in den letzten Jahren sichtbarer geworden. Das liegt weniger daran, dass die Verlage das unbedingt wollten – es war ein zäher Kampf, der von den Übersetzer:innen noch nicht beendet ist. Dafür, dass ihre Arbeit aber für die Nicht-Fremdsprachen-Kundigen elementar ist, werden sie aber äußerst selten auf das Podest gehoben.
Mr. Pyke war aus London angereist, um die Methoden von Maigret zu studieren. Die Fälle in Paris waren langweilig und Routine, da erreichte ihn ein ungewöhnlicher Anruf von der Côte d'Azur. Ein Mann war ermordet worden und hatte den Kommissar als seinen Freund bezeichnet. Gemeinsam mit dem Engländer reiste er nach Porquerolles.
Maigret hatte den Kerl, der den abgelegenen Gasthof in den Sümpfen der Vendée betrieb, wiedererkannt. Vor seiner bürgerlichen Leben in der tiefsten Provinz hatte er die Gegend um den Place des Ternes unsicher gemacht und war Tätigkeiten nachgegangen, die unweigerlich dafür sorgten, dass sich die Gesetzeshüter für ihn interessierten.
Das Geplänkel zwischen Jef Schrameck alias Fred der Clown und Maigret hatte gerade Fahrt aufgenommen. Da unterbrach der Kommissar das Verhör, um ein Telefonat zu führen. Seine Annahme wurde vom Gegenüber bestätigt. Er sagte dem ehemaligen Fluchtakrobaten, dass dessen Komplize Louis arm wie eine Kirchenmaus gewesen war.
Sicher gibt es Autoren, deren literarischer Nachlass mehr Fallen beinhaltet. Aber so einige Minen hat Simenon den Verlegern von heute, die in einem ganz anderen gesellschaftlichen Klima publizieren als noch vor fünfzig Jahren, auch hinterlassen. Es dürfte interessant sein, wie einige Titel von Erzählungen und Romanen in den nächsten Jahren benannt werden.