Maigrets Memoiren


In die Kategorie »Raffinierte Fälle« passt dieses Hörspiel so gar nicht, denn es wird kein Verbrechen aufgeklärt. Hier geht es darum, dass der Monsieur Maigret einige Dinge gerade rücken möchte, die Simenon über die Jahre in einem falschen Licht darstellte. Er war im Ruhestand und hatte die Zeit, endlich ein paar Lücken in der Bio zu schließen.

Die Memoiren Maigrets gehört unzweifelhaft zu der wichtigsten Lektüre eines jeden Maigret-Fans. Wenig sinnvoll ist es, sich dieses Buch am Anfang der eigenen Maigret-Leser:innen-Karriere vozunehmen. Einmal eingetaucht in das Universum, wird es mit jeder gelesenen Geschichte mehr zu einer Pflichtlektüre. Nicht jeder wird das so sehen, wie ich es sehe: Meiner Meinung hat Simenon mit diesem Stück eines der humorvolleren Werke seines Œuvre abgeliefert.

Viel Fantasie braucht es nicht, um sich vorzustellen, dass ich einer Transformation des Buchstoffes in ein Hörspiel einigermaßen kritisch entgegengeschaut habe. Da stellt sich die Frage, was der Hahn wohl zum Rummäkeln gefunden hat?

Die Präsentation

Ich habe mir das Stück auch schon mal als Hörbuch zu Gemüte geführt. Während einer Autofahrt. Das was nicht das Wahre und richtig glücklich war ich, obwohl sie zu meinen Favoriten gehörte nicht. 

Das Hörspiel ist wesentlich unterhaltsamer. Es gibt einen Erzähler, der breiten Raum einnimmt, aber es werden immer wieder Dialoge einspielt. Manchmal sind es welche, die die Handlung nicht wirklich weiterbringen, sondern nur der Untermalung des zuvor Erzählten dienten. Das empfand ich als sehr angenehm.

Die Stimme des Erzählers nahm einen ein, ich hörte ihr gut zu. So stelle ich mir es vor, wenn Maigret spricht. Für die Rolle des Kommissars hatte man einen Sprecher genommen … ich weiß nicht … hatte der einen Sprachfehler? Das fand ich sehr irritierend.

Der Mäkelbereich

Durchaus möglich, dass ich es nicht geschnallt habe – beim Einstieg spricht der Verleger, der sich um die Rechte an der Autobiografie von Maigret bemüht, und im Anschluss hatte ich das Gefühl, dass es auch der Verleger war … aber zumindest war es nicht die Stimme des handelnden Maigrets. Die hatte schließlich die merkwürdige Aussprache.

Abgesehen davon, dass das Original keine Verleger-Sicht hergibt, wird betont, dass aufgrund Maigret aufgrund einer Empfehlung sich entschlossen hatte, nicht aus der Ich-Perspektive zu berichten. Warum eigentlich nicht? Im Buch tut er es und eine solche Empfehlung hat es da nicht gegeben. Waren dramaturgische Gründe, die ich nicht gewillt bin, verstehen zu wollen.

Die ersten Kapitel der Memoiren werden ausführlich umgesetzt und damit die Fragen geklärt, wie der Kommissar zur Simenon kennenlernte, wie er zur Polizei kam und auch Teile seiner Jugend. Danach gibt es noch einen Abschnitt, in dem es darum geht, wie er seine Frau Louise kennenlernte. Aus den restlichen Kapiteln ist dann nichts mehr zu finden.

Es wird direkt zum Ende gesprochen und es wird davon geredet, dass Madame Maigret Socken für Marc strickt. Warum eigentlich? Der Junge war zu dem Zeitpunkt schon elf Jahre alt – über solche Socken hätte er sich gewiss sehr gefreut. Vielleicht war John gemeint, der zu der Zeit noch im Baby-Alter gewesen war.

Letztlich: Das Humorvolle, was man in dem Roman zu finden ist, wurde mit Ausnahme der Keks-Geschichte eliminiert.

Kleines Fazit

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Sätze, die mit »eigentlich« anfangen, gehen für den Kritisierten selten gut aus. Es wird versucht etwas Positives zu sagen, aber es könnte sein, dass es nicht richtig gelingt. Schlimmer ist es fast noch, wenn das mit einem »also« kombiniert wird. Dann ist es fast schon hoffnungslos.

Also eigentlich war ich ganz froh, dass dieses Stück nicht rein vorgelesen wurde und die Dialoge als Störer vorhanden war. So entstand keine Monotonie. Mir fehlte der Zugang zu dem Perspektivwechsle, der Tatsache, dass Maigret in der dritten Person von sich erzählte. Was soll das auch für ein dämlicher Rat von Simenon gewesen sein, der selber Bücher in der Ich-Perspektive geschrieben hatte, einschließlich seiner eigenen Biografie? Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich nicht glücklich mit der Bearbeitung war, dann möchte ich ein Trostpflästerchen aufkleben: Im Grunde genommen hielt ich diesen Maigret für nicht für eine Hörspiel-Fassung geeignet. Dass man sich trotzdem an den Stoff getraut hat, verdient meinen Respekt. Mir kann schließlich nicht alles gefallen.

Mit den anderen fünf Stücken, die ich gehört hatte, war ich letztlich sehr zufrieden. Da kann auch ein Stück dabei sein, was einem gar nicht gefällt. Das ging mir mit der Simenon-Hörspiel-Reihe des NDR im vorletzten Jahr ähnlich. Hundertprozent gibt es fast nie. Das Hörspiel ist auf der gerade erschienen Hörspielbox »Maigret – Die raffiniertesten Fälle« aus dem Audio Verlag zu finden.