Der Teddybär - Alain Delon

Klassiker oder Grabbelkiste?


Leichthin kommt es über die Lippen: »Das ist ein Klassiker!« Im Zusammenhang mit Simenon fielen mir aufseiten der Bücher ein paar Maigrets ein und auch Non-Maigrets wüsste ich zu benennen. Mir käme nicht in den Sinn, nur weil etwas alt ist, dieses zum Klassiker zu erklären – anderen jedoch schon. Vielleicht, weil es eine Adelung darstellt.

Am 2. Juli erscheint bei PIDAX der Film »Der Teddybär« von Jacques Deray mit Alain Delon in der Hauptrolle. Die DVD wird in der Reihe »Film-Klassiker« präsentiert und damit dürfte klar sein, wie ich zu der Einleitung gekommen bin. Offenbar fremdel ich mit dem Begriff »Klassiker« in Zusammenhang mit diesem Streifen.

Wie so oft hilft es, ins Lexikon zu schauen. Dank der Wikipedia habe ich ein paar klare Kriterien, an denen ich mit entlang hangeln kann, um herauszubekommen, ob ich der Film in die Kategorie »Klassiker« fällt.

1. Lange überregionale Bekanntheit (oft auch generationsübergreifend)

Als ich heute Morgen las, dass dieser Film demnächst herauskommt, dachte ich: »Alain Delon? Der hat in einer Simenon-Verfilmung mitgespielt. Wann denn das?« Die Antwort darauf lautet 1994, also besonders alt ist der Film nicht, was natürlich alle bestreiten werden, die nach 1995 geboren wurden – aber mit Blick auf die Filmgeschichte ist diese Verfilmung noch ein Youngster. 

Die Info, dass es diese Produktion gibt, die war und ist auf dieser Webseite zu finden. Diesen angeblichen Klassiker habe ich jedoch weder gesehen, noch ist er mir in Erinnerung, noch bin ich jemals darauf angesprochen worden.

Ich würde an der Stelle also sagen: Das Kriterium ist nicht erfüllt.

2. Gewisser Traditionswert

Dass das erste Kriterium nicht erfüllt worden ist, macht überhaupt nichts. Es gibt noch ein paar.

Tradition?

Nein, also der zweite Aspekt macht diesen Film auch nicht zum Klassiker.

3. Hoher Wiedererkennungswert

Gut, da muss ich jetzt ein wenig grinsen. Nehmen wir ein paar Filme aus dem Jahr 1994/1995, an die man sich gut erinnern kann.

1.) Pulp Fiction (imdb: 1.857.828 Bewertungen)
2.) Jurassic Park (imdb: 882.253 Bewertungen)
3.) Forrest Gump (imdb: 1.845.487 Bewertungen)
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4.) Der Teddybär (imdb: 248 Bewertungen)

Jetzt soll man nicht unfair sein und große internationale Produktionen mit kleinen europäischen vergleichen. Aber der in der gleichen Zeit entstandene Streifen »Die Bartholomäusnacht«, eine französisch-italienische Kooperation, kommt auf 16.519 Bewertungen – und an den Film kann ich mich erinnern. 

Der Wiedererkennungswert scheint also nicht so gewaltig zu sein.

4. Hohe Qualität wird zugestanden

So richtig zufrieden waren Kritiker und Zuschauer nicht. An anderer Stelle hatte ich vermerkt, dass ich mir Produktionen mit einer IMdb-Bewertung von knapp über 5 – in diesem Fall sind es 0,2 Punkt darüber – nicht anschaue. Die einzige Ausnahme sind Simenon-Verfilmungen. Da ist es meine amateurhafte Neugierde, die mich alle Augen zudrücken lässt. Im Anschluss habe ich hier die Gelegenheit, mich darüber zu beschweren. Ein gewisser Ausgleich muss sein.

Cinema schreibt zu dem Film: »Die Georges-Simenon-Verfilmung verliert sich leider in Trivialitäten.« In der Zusammenfassung steht: »Überzeugender Delon, maue Regie«. Ein User auf IMdb schreibt: »Das Geheimnis wird auf halbem Weg enthüllt, und es gibt nicht viel Spannung. In vielen Szenen bietet die Musik die einzige Dramatik.« Weiter heißt es, es würde viel geredet – nur Delon wäre schweigsam.

Verspricht das eine hohe Qualität? Ich neige dazu, das zu verneinen.

5. Innovationspotential, Neuartigkeit

Das können wir wohl direkt abhaken.

6. Einfluss auf die Kultur

So leid es mir tut, aber wo soll der Einfluss liegen, wenn ihn keiner mitbekommen hat und die Qualität als mittelmäßig eingeschätzt wird. Auch dieses Kriterium macht den Film nicht zu einem Klassiker.

7. Zeitlosigkeit der Themen

Unter den sieben Kriterien, die der Artikel auflistet, wäre es der, den ich am ehesten gelten lassen würde. Der Schönheitsfehler ist, dass die meisten Filme zeitlose Themen behandeln. Womit dieser Aspekt zu weich ist und im Ungefähren bleibt, dass ich ihn nicht gelten lassen würde. 

Prognose

Ohne den Film gesehen zu haben, wage ich die Prognose, dass er keine Klassiker-Qualitäten aufweist. Vielleicht ist er ein junger Oldtimer, das ist der Golf I ebenfalls. Das besagt jedoch nichts zu seiner Qualität im Vergleich mit anderen zeitgenössischen Produktionen (oder in Bezug auf den Golf, zu anderen  Fahrzeugen dieser Zeit).

Anfang Juli werden wir klüger sein, denn – egal, wie der Film bisher bewertet wurde – ich werde mir erlauben, ein eigenes Urteil zu fällen. Trotzdem werde ich auch an dieser Stelle nicht mein Leid klagen, dass es durchaus Verfilmungen von Simenon-Stoffen gibt, die man unter dem Label »Klassiker« veröffentlichen könnte.