Bildnachweis: Alte Schule - (c) Sweetaholic (Lizenz)
Schule, warum nicht?
Was hätte aus dem Mann werden können? Er ging auf ein humanistischen Gymnasium und seine Mutter Henriette hatte ihn für das Priester-Beruf vorgesehen. Eine Mädchen-Geschichte sollte dafür sorgen, dass sich Simenons Bildungsweg etwas änderte.
Eigentlich sagt man Jungs nach, sie bräuchten etwas Zeit, um sich zu entwickeln. Gerade in der Schule würden sie erst in späteren Jahren in die Gänge kommen. Bei Simenon war es etwas anders: Der spätere Schriftsteller legte sich die ersten Jahre ordentlich ins Zeug, um mit Einsetzen der Pubertät andere Prioritäten zu setzen, die allerdings nicht mehr in der Schule zu finden waren.
Georges Simenon wurde in eine Art Kindergarten oder Vorschule geschickt, die den Namen Sœur Adonis trug, und in der er von Nonnen betreut wurde. Dort lernte auch schon zeitig lesen und schreiben.
Genutzt hat ihm das für die Schule allerdings nicht wenig. Er wurde im Jahr in das Institut Saint-André in der Rue de la loi eingeschult, welches gegenüber seinem Elternhaus (die Nummer 53) lag. Dort durfte er Lesen und Schreiben erneut lernen, da sich die Methoden etwas unterschieden.
Großes Mitleid muss man mit Georges Simenon aber nicht haben. Das zweite Lernen steckte er locker weg und machte sich an der Schule sehr gut und dürfte damit der Stolz seiner Eltern gewesen sein (zumindest der Stolz seines Vaters, denn das Verhältnis zu seiner Mutter war damals schon ein anstrengendes). Darüber hinaus war er auch der Liebling der Lehrer und genoss eine Reihe von Privilegien: So hatte er einen Schlüssel zum Wasserhahn auf dem Schulhof (das dürfte in etwa dem Schlüsselbesitz für den Computer-Raum im heutigen Schulen entsprechen) und durfte die Acht-Uhr-Dreißig-Glocke zum Gebet läuten (was sich nicht mehr vergleichen lässt).
Über den Erfolg am Institut Saint-André gibt es unterschiedliche Aussagen. So meint Eskin in seiner Biographie, dass Simenon immer Klassenbester gewesen wäre, mit Ausnahme von einem Jahr, wo es ein gewisser van Hamme geworden wäre. Dieser wäre später Beamter geworden und verstarb recht früh. Bei Marnham heißt es zum Thema »Bester sein«, dass Simenon immer nur Zweiter gewesen sei. Ein van Ham wäre immer erster geworden und es wäre bemerkenswert, dass dieser Name in den späteren Romanen von Simenon oft unsympathischen Typen zugeordnet wurde.
Meister gesucht!
Erste Gehversuche
Ein Belgier erobert Paris
Der Name Simenon zählt nicht
Unstet
Im Krieg
Neuanfang
Lakeville
Fortsetzung der Krise
Altern im Unglück
Der junge Simenon stand früh auf, denn häufig musste er zum Ministranten-Dienst. Die dabei ausgestandenen Ängste, besonders was den Weg zum Ministranten-Dienst anging, beschrieb Simenon anschaulich in einigen Erzählungen. Der Lohn war nicht groß, reichte aber aus, um ein Hobby Simenons zu finanzieren: das Lesen. Gern kaufte er sich kleine Heftchen, die nicht als Comics durchgehen würden, aber in denen bebilderte Geschichten zu finden waren. Den Versuch Violine zu lernen, gab Simenon dagegen alsbald auf, da er sich nicht daran gewöhnen konnte, dass seine Finger hart in die Saiten gedrückt wurden. Außerdem störte ihn der Mundgeruch seines Musiklehrers. Das Musische ließ er also links liegen und widmete sich lieber der Bildenden Kunst und freute sich auf den alljährlichen Malkasten, den es an Weihnachten gab.
Im Jahr 1914 brach nicht nur der erste Weltkrieg aus, der Änderungen in Simenons Leben mit sich brachte. Simenon wechselte vom Institut Saint-André als Halbstipendiat zum Collège de Saint-Louis. Dies hatte seine Mutter für ihn ausgesucht. Die Schule war humanistisch ausgeprägt und so stand der von Henriette Simenon für Georges ausgesuchten Laufbahn als Priester nichts mehr im Wege. Simenon schlug sich auf der Schule einigermaßen wacker. Er war sehr gut in Französisch, schlecht im Flämischen. In den anderen Fächern ging es so. Es schien fast so, als hätte er das Thema Schule schon abgehackt und hätte begonnen, sich auf andere Sachen zu konzentrieren. (Auf der Schule lernte er übrigens auch deutsch, was bei seinen Wurzeln ganz interessant ist.)
Dann kamen Mädchen-Geschichten, auf die an anderer Stelle ausführlicher eingegangen wird, und Georges schien es günstiger, die Schule zu wechseln. Eine Priester-Laufbahn hatte er zu der Zeit schon verworfen: Das Priester-werden vertrug sich nicht mit den Mädchen-Liebeleien. Er wechselte an das Collège de Saint-Servais, ein Gymnasium, welches auf Moderne Sprachen und wissenschaftliche Ausbildung fokussiert war. Wenn man einmal davon absieht, dass Simenon Sieger eine Vorlese-Wettbewerbs wurde, hob er sich nicht mehr mit seinen schulischen Leistungen hervor.
1918 wird bei seinem Vater ein Herzleiden diagnostiziert und Georges bekommt am 20. Juni von dem Hausarzt mitgeteilt, dass die Lebenserwartung seines Vaters nicht sehr hoch sei. Noch am gleichen Tag verlässt er die Schule und widmet sich dem wahren Leben.