Nimm 2

Nimm zwei


Das Herbstprogramm Kampas im Bereich Simenon umfasst einen offiziellen Teil, der im Katalog angekündigt ist – und einen inoffiziellen Teil, der aus Publikationen besteht, die ursprünglich in Vorprogrammen vorgesehen waren, jedoch aus nich erläuterten Gründen nicht in den Buchhandel gelangten. Sowohl der offizielle als auch der inoffizielle Teil sind überschaubar.

Die Veröffentlichungen für Simenon-Liebhaber:innen waren in der Vergangenheit teilweise herausfordernd: Teilweise erschienen fünf Titel innerhalb eines Monats, gefolgt von weiteren zwei oder drei Titeln, bevor nach etwa einem Vierteljahr erneut fünf Titel veröffentlicht wurden. Dieses Jahr hatten wir eine Comic-Premiere, ansonsten bleibt nur ein Wort: dürftig.

Schon vor geraumer Zeit hat sich der Simenon-Verlag mit seinem Programm aus der Deckung gewagt. Aber aus Gründen fand das zwar auf maigret.de seinen Niederschlag in der Datenbank und damit in der Vorschau. Aber eine Ankündigung gab es hier nicht.

Dabei ist qualitativ an den beiden Titeln, die im Herbst bei Kampa erscheinen gar nichts auszusetzen. Beide Geschichten gehören nicht zu dem Teil des Repertoires Simenons, von dem sich sagen lässt, dass er schon lange Zeit vermisst würde. Wer auf lange verschollene Romane gehofft hatte, der wird mit der Auswahl dieser beiden Romane enttäuscht sein.

P. D. James ist schon ein paar Jährchen tot. Die britische Krimiautorin hat sich in einem Beitrag mit dem Simenon-Roman »Fremd im eigenen Haus« beschäftigt – und es wäre eine Sensation, wenn das nun exklusiv für Kampa erfolgt wäre. Diese Wahl ist eine gelungene Überraschung für einen Roman, der als Justiz-Drama bezeichnet werden kann. 

Ein zurückgezogen lebender Rechtsanwalt wird durch einen mysteriösen Todesfall in seiner eigenen Villa aus seiner Lethargie gerissen. Die Nachforschungen bringen dunkle Geheimnisse ans Licht und der Mann muss erkennen, dass junge Leute heimlich in seinem Haus verkehrten. Einer von ihnen wird zum Hauptverdächtigen in dem Mordfall und so gerät das Leben des Rechtsanwalts überraschender Weise aus den Fugen. Interessant nicht nur der Roman, sondern auch eine Abkehr von der bisherigen Veröffentlichungspolitik Kampas. Bisher waren die Simenon-Romane, die von den Zürichern erschienen, immer Überarbeitungen oder Neuübersetzungen gewesen. In diesem Fall jedoch haben wir es mit einer Übernahme von Diogenes zu tun – das hat den Anschein, dass dies eine Premiere ist.

Bei dem zweiten Roman »Die Flucht des Monsieur Monde« handelt es sich um eine Überarbeitung einer älteren Übersetzung von Kiepenheuer & Witsch, die von Barbara Klau und Hansjürgen Wille stammte und nun von Mirjam Madlung überarbeitet wurde. 

Madame Monde meldet den spurlosen Abgang ihres Ehemanns, der nach Jahren familiärer Missachtung und Entfremdung einfach verschwindet und sich ein neues Leben am Mittelmeer aufbaut. Dort trifft er inmitten persönlicher Krisen auf die lebensmüde Julie; gemeinsam schlagen sie sich durch und müssen sich neu erfinden. Doch selbst im Exil bleibt die Vergangenheit unerwartet präsent, als plötzlich seine erste Frau im Nachtclub auftaucht.

Beide Romane erscheinen im November. Für diesen Monat ist dann auch der Nachzügler aus dem Frühjahr »Maigret im Nachtzug« angekündigt. Für das nächste Frühjahr ist der Reportageband »Vom Wasser aus« eingeplant – alle anderen Titel verschieben sich noch weiter in die Zukunft.