Wie ein Fluch


Erst überschatteten die Affären um Gérard Depardieu den »Maigret«, dann hielt der Mann seine Hände bei der Produktion von »Les volets verts« nicht an sich. Der Vermarktung der Simenon-Verfilmungen tat das alles nicht gut. Mit »Belle« hätte es besser werden können. Kein Depardieu weit und breit. Wenn sich da nicht die Affäre um Regisseur Benoît Jacquot in den Vordergrund gedrängt hätte.

Wobei »Affäre« ein zu schwaches Wort ist. Befasst man sich mit den Recherchen und lässt auf sich wirken, was seit vorletztem Jahr gegen den Belle-Regisseur zusammengetragen wurde, erscheint einem Depardieu trotz seines Alters fast wie ein Junior in der Liga der Sex-Verbrecher. 

Der Regisseur Benoît Jacquot steht im Mittelpunkt schwerwiegender Vorwürfe und polizeilicher Ermittlungen. Die französische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Jacquot wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung. Bis zu einer Entscheidung der Justiz gilt die Unschuldsvermutung.

Die Vorwürfe

Begonnen hatte die öffentliche Debatte Ende 2023, als die Schauspielerin Judith Godrèche in der Arte-Miniserie »Icon of French Cinema« ihre Beziehung zu Jacquot thematisierte. Godrèche lebte ab 1986 eine Zeit lang mit Jacquot zusammen. Zu dem Zeitpunkt war sie erst 14 Jahre alt – ach ja, und er? 39. 

In Interviews beschuldigte Godrèche ihn, sie geschlagen und vergewaltigt zu haben.

Später meldeten sich weitere Schauspielerinnen mit Vorwürfen. Die Justiz ermittelt hat zwei mutmaßliche Übergriffe im Fokus: Zum einen wirft die Schauspielerin Julia Roy dem Regisseur vor, sie 2013 vergewaltigt zu haben – Jacquot soll zum Tatzeitpunkt 42 Jahre älter gewesen sein als Roy. Ein weiterer erhobener Vorwurf betrifft mutmaßliche Vergewaltigungen der damals minderjährigen Isild Le Besco zwischen 1998 und 2000. 

Anfang Juli 2024 wurde Jacquot deshalb für zwei Tage in Polizeigewahrsam vernommen. Ein Gerichtsverfahren hat es bisher nicht gegeben, weshalb die Vorwürfe gegen ihn noch nicht als bestätigt gelten.

Mehr über »Belle«

»Belle«

»Belle«

Hörte man von den Filmfestspielen in Cannes dieses Jahr, dann war die Rede davon, dass Harrison Ford für sein Lebenswerk geehrt wurde. Erwähnt …

In Produktion: »Belle«

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Als Simenon-Interessierte bekommen wir nicht ganz so viel mit, wie wir uns das immer wünschen. Nicht einmal am Zaun steht, man steht vor einer Mauer …

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Der Film

In Frankreich wurde der Film gar nicht erst auf den Markt gebracht. Zum einen waren die Beschuldigungen gegen den Regisseur einfach zu heftig. Zum anderen hatte sich der Hauptdarsteller – Guillaume Canet – von dem Werk distanziert. In den Social Media-Auftritten von Charlotte Gainsbourg wird »Belle« auch (nicht mehr) erwähnt. Geht mehr Marketing-Gift?

Zu sehen war »Belle« dann trotzdem. Erstmals wurde er auf dem Fort Lauderdale International Film Festival im November letzten Jahres gezeigt, bevor er in diesem März in Italien auf den Markt kam. 

Den Filmplakaten nach wurde er auch in Russland in die Kinos gebracht.

Aber wie ist er denn nun? Bei IMDb erhält der Film eine Bewertung von 5,4. Auf anderen Filmportalen sind durchaus schlechtere Urteile zu finden. In der Presse wurde der Streifen positiver aufgenommen. Was das wert ist, wenn in der Berichterstattung vermutlich auch die Affären des Regisseurs erwähnt werden, sei einmal dahingestellt.

Man sollte sich keine großen Hoffnungen machen, diesen Film hier in Deutschland zu sehen. Nachdem die Verleih-Firmen schon die Finger von »Les volets verts« ließen, werden sie auch »Belle« wie eine heiße Kartoffel behandeln. Den Kritiken nach ist es nicht so, dass es sich bei dem Streifen um ein derartig großartiges Werk handelt, dass man so ein Risiko eingehen könnte. Da hilft dann auch die hierzulande einigermaßen bekannte Charlotte Gainsbourg nicht mehr.

Also … denken wir schon darüber nach, dass sich ein Fluch über Kinoproduktionen nach Simenons Vorlagen gelegt hat?