Salat

Salatkorb


Neulich habe ich mir einen Maigret-Band aus der »Tout Simenon«-Reihe zugelegt, in der mehrere Bände zusammengefasst sind. Sie kosten zwar ein Vermögen, aber als E-Book sind sie recht leicht durchsuchbar und machen das Gepäck nicht zu schwer. Für mich sind sie weniger zum Lesen, sondern vielmehr zum Nachschlagen gedacht. Für den Dienstmädchen-Roman der Maigret-Reihe habe ich zweimal nachgeschlagen.

Groschen

Vor drei oder vier Tagen, in einem bayerischen Wirtshaus, gab ein älterer Herr einen Betrag in Mark an. Da er von einer bevorstehenden Reise sprach, für die Geld ausgegeben werden musste, wird er wohl Euro gemeint haben. Von manchen Begriffen trennt man sich wohl schwer. Die Währungsreform in Frankreich, die 1958 eingeführt wurde, war nicht ganz so gravierend – es wurden ein paar Nullen gestrichen und man nannte den Francs im Anschluss neuen Francs. Noch viele Jahre wurde vom neuen und alten Francs geredet, um klarzustellen, mit wie vielen Nullen der Betreffende gerade redet und wie ein Preis einzuordnen ist.

Die übliche Währung in den Maigrets sind sicher die alten Francs. Ich meine, bin mir aber nicht hundertprozentig sicher, dass auch die Währungsreform von 1958, bei der der neue Francs eingeführt wurde, in den Maigrets noch eine Rolle spielt. Die kleine Einheit des Francs war Centime und diesen haben sich die Franzosen auch in Euro-Zeiten erhalten. Der Glückliche, denn unser Pfennig ist wohl untergegangen – genauso wie der Groschen.

Damit sind wir bei meinem Punkt: In meiner Übersetzung ist an einer Stelle von Groschen die Rede. Das fand ich ein wenig merkwürdig und das bewog mich, mal im Original nachzuschlagen, was denn da vermerkt ist – und siehe da: Da ist vom Sou die Rede. Hatte ich mir schon fast gedacht, was aber mehr auf einem Sprachgefühl beruht und der Tatsache, dass in den Geschichten der Sou häufiger mal erwähnt wird. Ein Sou hat aber nichts mit 10 Pfennig oder 10 Cent zu tun, wie hierzulande in der Umgangssprache, sondern war (und ist?) eine Umschreibung für die 5-Centime-Münze. Wie ich der Wikipedia entnehmen konnte, ist es in der französischen Umgangssprache auch ein anderer Ausdruck für »Geld« im Allgemeinen.

Komisch wurde es auch deshalb, weil an anderen Stellen in dieser Übersetzung durchaus die Rede von »Sou« ist. Das fand ich ein wenig irritierend.

Wilhelm vs. Salat

​Im zweiten Fall war mir sofort klar, dass mir geholfen werden sollte. Maigret initiierte eine Razzia und die Polizisten sammelten jeden ein, der ihnen verdächtig vorkam. In der deutschen Übersetzung stand, dass am Straßenrand die Grünen Minnas warteten – mit denen sollten die Eingesammelten zum Quai gebracht werden. Mit dem Begriff der Grünen Minna können wohl viele Menschen etwas anfangen. Er wurde schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts eingeführt und spielt zum einen auf die grüne Farbe der Wagen an und auf den Namen des Kaisers, wenn auch in sehr verballhornter Form (Wilhelm – Wilhelmine – Minna). Es gab keinen Grund für die Franzosen diesen Begriff zu übernehmen, zumal ihr Verhältnis zu deutschen Staatsoberhäuptern ein eher distanziertes gewesen sein dürfte.

Der Blick in das Original brachte einen zauberhaften Begriff zum Vorschein: »panier à salade«, was man mit Salatkorb oder Salatschleuder übersetzen kann. Da spricht dann vieles dafür, dass man diese Wagen auch gern grün angestrichen hatte. Hätte man diesen verwendet, wäre auf jeden Fall eine Erklärung notwendig gewesen, denn über einen Satz wie »und am Straßenrand warteten die Salatschleudern« wäre ich garantiert gestolpert und hätte mich gefragt, was in den Verlag beziehungsweise den Übersetzer gefahren ist.

Aber hin und wieder ist ein solch »Was zum Teufel ...!?« auch nicht schlecht.