Passion Simenon


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Das Label ist in diesem Fall wirklich irreführend, denn in »Passion Simenon« von Jean-Baptiste Baronian und Michel Schepens spielt der Text gar nicht die große Rolle, so wie es textuel vermuten lässt. In diesem Buch, im Herbst 2002 erstmals erschienen, geht es um das Begucken und dieses wirklich reichlich.

Der Faktor Text zu Bild liegt etwa bei 1 zu 3 - was besonders Simenon-Liebhabern, die der französischen Sprache nicht oder nur wenig mächtig sind, zupass kommen dürfte. Die Abbildungen in diesem Band sind großformatig und durch die Bank schwarz-weiß bzw. grün-weiß gehalten. Ich weiß nicht, warum man viele Fotos in diesen Grün-Ton gebracht hat, das muss eine Vorliebe des Buch-Gestalters gewesen sein. Hieran könnte sich der eine oder andere »Begucker« (oder Leser) stören.

Die beiden Autoren fangen früh an und beschauen ausführlich die Vorfahren Simenons, bevor man zu dessen Kinderheit in Lüttich kommt. Dabei werden nicht nur Kinderbilder gezeigt, sondern auch Bilder vom Leben in der Stadt und Zeugnisse Simenons. Ausführlicher wird es dann mit den ersten Journalistenjahren, denn hier werden Ausschnitte von Kolumnen Simenons (»Aus dem Hühnerstall«) abgebildet, sowie komplette Artikel aus der »Gazette de Liège«. Nun gab sich Simenon in der Zeit nicht nur mit dem Schreiben von Zeitungsartikeln ab. Auf halbwegs kriminelle Abwege kam er, als er anfing das Projekt »Nanesse« aufzuziehen. Man kann sich schwerlich vorstellen, dass heutzutage auf diese Art und Weise irgendjemand seine eigenen Interessen durchsetzen würde. Damals war es im französischsprachigen Raum wohl kein abwegiger Weg, allerdings gab es auch noch kein Internet. Rechtzeitig kam er noch von der »Nanesse« ab, schrieb seinen ersten Roman, von dem man hier Buchumschläge und die erste Seite sehen kann.

In den folgenden Kapiteln gibt es dann nicht nur Bilder von Simenon zu sehen, sondern auch von vielen seiner Weggefährten. Interessanter als diese zu betrachten, zumindest in meinen Augen, sind die zeitgeschichtlichen Szenen. Beispielsweise von lesenden Frauen, von Zeitungs-Verkäufern oder Pariser Gebäuden. Legendär, und natürlich auch in diesem Buch zu finden, ist das Bild von Simenon mit Josephine Baker. Simenon wollte nicht Mr. Baker werden, die Dame war viel bekannter als er. (Wenn wir schon dabei sind: Ich konnte es mir nicht verkneifen, mal zu schauen, wie es mit der Bekanntheit heutzutage aussieht. Auch da gibt es immer noch ein ungünstiges Verhältnis zwischen Simenon und der Baker. Ein kleiner Trost wäre es vielleicht für Simenon gewesen, wenn er gewusst hätte, dass Maigret aber durchaus gegen Josephine Baker bestehen kann. Wobei, um diesen Gedanken zu Ende zu führen, noch gesagt sei, dass in Frankreich, Benelux, Italien und Deutschland Maigret klar in Führung ist.)

An der Stelle soll natürlich nicht verschwiegen werden, dass es neben den grünlichen Bilder noch einen Punkt gibt, der ein wenig tun könnte und das wäre der Preis. Der obligatorische Preis beträgt 47 Euro und ich habe selbst nach so vielen Jahren nur wenige Exemplare gesehen, die wesentlich günstiger waren. Der Straßenpreis liegt bei etwa 45 Euro. Antiquarisch mag das ein wenig besser aussehen.

Andererseits muss man sagen, dass dieses Buch wohl in jeden Simenon-Liebhaber-Haushalt gehört, der etwas auf sich hält.