Hinterhof in Paris

Mme Smitt und ihre Phthisis


Nicht, dass nicht genügend Stoff auf Halde liegt, über den ich noch zu schreiben habe. Hin und wieder stolpere ich über Angebote, die ich einfach interessant finde und wenn es das Budget nicht strapaziert, dann wird der Kaufen-Knopf gedrückt. So auch bei dem Angebot einer Reihe von Heften aus der Edition »le saint – DÉTECTIVE MAGAZINE«. Das hörte sich nach einer Gelegenheit an!

Die Darreichungsform

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Erwartet hatte ich ein Paket, in dem fünf Hefte – nicht zu groß, nicht zu umfangreich – liegen würde und die man gut durchblättern könnte. Das Päckchen war nicht riesig, aber ich konnte diesem einen Ordner entnehmen, der recht interessant aussah. Die Aufmachung lässt die Vermutung aufkommen, dass der Verlag den Ordner spendiert hatte – wobei diese Spende durchaus kostenpflichtig gewesen sein kann oder mit einem abgeschlossenen Abonnement verbunden war. Die Leser des Magazin konnten dann ihre Hefte wohlgeordnet in diesem unterbringen.

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Die ganze Sache war sehr solide angelegt. Irgendwo in dem Heft, vorzugsweise zur Mitte tendierend, konnten die Leser:rinnen einen Metallstab positionieren, der an einer Leiste oben und unten befestigt war. Aufgrund der Tatsache, dass die Angelegenheit grundsolide war, hatte sie auch einen Einfluss auf das Heft. An der Doppelseite, die die Heimat des Stabes geworden war, hatte die Bindung ein wenig gelitten.

Insgesamt sind die Hefte in diesem Ordner aber sehr gut erhalten. Das Magazin erschien zwischen 1955 und 1967, und soll immer wieder einmal auch Erzählungen von Georges Simenon enthalten haben. Dieses Heft ist vom März 1957, es war also noch in den Kinderschuhen. Der Titel mag manchen bekannt vorkommen, es handelte sich um einen Ableger des gleichnamigen Magazins aus den USA. Die Inhalten waren nicht nur Übersetzung aus dem Amerikanischen, sondern wurden von dem Verlag für den französischen Ableger ausgewählt.

Herausgeber in Frankreich war  Librairie Arthème Fayard – der Verlag, der die ersten Maigret-Romane herausbrachte und in dem Simenon erstmals unter seinem eigenen Namen publizierte. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Redaktion auch anderweitig an älterem Material bedient hatte. Der Name der Zeitschrift spielte auf die Figur Simon Templar – auch »der Heilige« genannt – an, und so lautete der Untertitel »Monatszeitschrift – präsentiert von Leslie Charteris«, dem Schöpfer des literarischen Helden.

Der Richter

Die miesen Zeiten hatten noch nicht begonnen, die Simenon-Welt war in Ordnung, da wurde angekündigt, dass wir auch über die Fälle des Richter Froget in Kenntnis gesetzt würden. Wie es kam, ist bekannt. Alles verschob sich und auch der Pariser Richter wurde auf die lange Bank gesetzt, auf der er nun zu warten hat. Priorität hatten die Fälle, die von dem Kommissar behandelt wurden.

Es ist ein großer Unbekannter, der uns hoffentlich noch ins Haus steht. Aber dank des Erwerbs, habe ich nun schon mal einen Eindruck bekommen, was uns erwartet, denn die Geschichte, die in dem Detektiv-Magazin veröffentlich wurde, ist eine Erzählung um den Richter.

Das Magazin präsentiert sich in einem Format, welches zwischen A5 und A6 liegt, mit einer klaren Tendenz zu A6. Der Umfang beläuft sich auf fünfeinhalb Seiten. Groß einlesen muss man sich in die Geschichte nicht. Kaum hat man angefangen zu lesen, hat der Richter die Lösung schon parat. Da wird es interessant sein, zu sehen, wie uns ein Richter-Froget-Band hierzulande präsentiert wird. So er noch kommt …

Rund um die Story

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Scanner an, Text eingescannt, dann läuft ein OCR über den Text und oft kommt auch ein Übersetzungsprogramm zum Einsatz. Das ist nicht das übliche Vorgehen, wie Texte konsumiert werden – das gebe ich gern zu – und es hat seine Tücken. Gerade bei älteren Texten ist das Papier nicht sehr rein, da wird aus Flecken schon mal ein Buchstabe mit Akzent, ein Aufzählungszeichen wird unvermittelt eingesetzt oder die Zeichensetzung geändert. Bei all dem Komfort, der dadurch erzielt wird, ist der Leser gezwungen, das Original nicht aus den Augen zu verlieren. Als ich nun das Wort »Phthisis« las, erwog ich erst einen Ausfall meines OCR-Programms, dann einen Bug im Übersetzer und anschließend einen Schlaganfall des Schriftsetzers. Ein Begriff, den ich nicht einmal langsam aussprechen kann, konnte nicht von dieser Welt sein.

Eine kurze Suche im Netz und mir war klar, dass die Dame, deren Fall der Richter untersuchte, an Schwindsucht (heute: Tuberkulose) litt. Das wäre eine Bezeichnung, die ich verstanden habe, denn ich habe die Vermutung, dass dieses Wort auch Franzosen nicht besonders leicht über die Lippen geht. Und sollte es der Fall sein, dann wette ich, dass es sich nicht sexy anhört – wie der Rest der Sprache. Muss es aber nicht, denn Schwindsucht ist auch nicht sexy.

Der Richter war ein verwundert, denn die Krankheit bei der alten Frau hatte eingesetzt, nachdem die Untersuchungen begonnen hatten. Die wurden ausgelöst, weil Kinder (!) einen ausgehöhlten (?) Hund in den Garten des Hauses geschmissen hatte. Ein netter Mieter der Dame wollte das verreckte Vieh begraben und stieß dabei auf die Überreste eines Menschen. Da es sich bei dem Hinterhof von Madame Smitt nicht um einen alten Friedhof handelte, löste das einigen Aufruhr und behördliches Interesse aus.

Monsieur Froget war damit beauftragt worden, den Fall unter seine Fittiche zu nehmen. Sein Problem bei der Angelegenheit: Er wusste nicht, wer der Tote war; er hatte nicht die geringste Ahnung, wer die Vermieterin wirklich war, und er bekam keinerlei Auskünfte von der verdächtigen Seniorin.

Ich werde mir (noch) kein Urteil über die Geschichte erlauben, da warte ich die kompetente Übersetzung ab. Die Grundidee hat mir aber schon mal gefallen. Wenn die anderen Fälle mit ähnlich interessanten Ansätzen daherkommen, könnte das ein sehr unterhaltsames Lese-Abenteuer werden.