Ein Tag, der nicht vergeht


In einigen Geschichten, in denen Maigret die Hauptrolle spielt, fühle ich mich wie zu Hause. Beispielsweise in der um die Tänzerin Arlette, die etwas zu sagen hat, aber nicht so richtig auspacken will. Und dann ist sie halt tot. Dieses Gefühl hat den kuriosen Effekt, dass ich nicht sagen kann, ob ich Adaption mit Rupert Davies schon sah. Selbst wenn, so hat es mich nicht geärgert.

Die Geschichte gehört zu den bekannteren, deshalb will ich mich gar nicht groß mit der Story aufhalten. Sie unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der Vorlage, die Simenon vorgab hatte. Hier und da wurde mal etwas entschlackt, um die Story in 45 Minuten (das war wohl ungefähr die Dauer der Folge) unterzubringen.

Wer hier die Reviews zu den einzelnen Verfilmungen verfolgt(e), wird mitbekommen haben, dass ich an einigen wenige gute Haare ließ. An dieser lässt sich kaum etwas herummäkeln. Ein wenig zuckte ich zusammen, als ich die unsensible Behandlung des drogenabhängigen Zeugen durch Maigret sah, und auch ob der Tatsache, dass diese maximal unsympathisch und wehleidig dargestellt wurde. Darüber beschweren würde ich mich aber nicht.

Ein wenig melodramatisch war in meinen Augen auch die Schilderung des Liebes- und Verlustdrama, dass Lapointe erlebte. Dass der schüchterne Mann letztlich entscheidend dazu beitrug, dass das verbrecherische Subjekt gestellt wurde, nimmt man mit Genugtuung hin. Aber die Schlussszene war dann etwas heftig: Die Trauer Lapointes war greifbar, aber entweder fand Maigret nicht die passenden tröstenden Worte oder der Drehbuchschreiber oder diejenigen, die die Serientexte in das Deutsche übertragen haben.

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Bemerkenswertes

Irgendwas finde ich ja immer, was irgendwie erstaunlich ist. In diesem Fall ist es die gleichzeitige An- und Abwesenheit von Janvier und Torrence. Die beiden werden immer wieder erwähnt, teilweise befanden sie sich im Nachbarraum – aber sehen tat man sie nicht. Sie traten als eigene Figuren nicht auf. Habe mir vorgenommen, ob das durchgehalten wird. Aber in der Tat sind mir die beiden Inspektoren in der Serie nie aufgefallen.

Ich könnte eine kleine Fotoserie machen von Gesichtern Rupert Davies, wie er in dieser Folge erstaunt gewesen ist. Das war wirklich sehr lustig gewesen. Zumal Zuschauer:innen ganz gewiss jedes Mal erwartet haben, was Maigrets Gesichtszüge entgleisen ließ.

Einmalig ist die Dramatik in der Musik. Gerade noch wurde man mit schöner Akkordeon-Musik durch Paris begleitet, da betritt der Kommissar ein Zimmer und die Musik verfällt in einen Suspense-Ton, der für die Zeit sehr typisch ist und hübsch anzusehen ist. So subtil, Spannung aufzubauen und sie schließlich in sich zusammenfallen zu lassen, waren die Filmschaffenden damals nicht. Wenn die dramatische Musik erst einmal in Gang die Zuschauer:innen in Erregung versetzt hatte, dann musste (bei) Maigret in den nächsten Sekunden auch etwas passieren, was diesen aus der Contenance brachte. 

Aber einen habe ich noch: In der Folge hing in Maigrets Büro ein Kalender. Dieser war auf den 23. Mai 1960 eingestellt, ein Montag. Der Abreißkalender ist wirklich gut zu erkennen. Während der Folge kommt der Kalender nochmals in Blickfeld. Das Problem war, dass ich mir dachte: »Hoppla, sind wir immer noch am gleichen Tag unterwegs?« Für das, was alles passiert war, war das höchst erstaunlich. Möglich auch, dass vergessen worden, ihn abzureißen.

Ein erlaubter Gedanke: Ob Benjamin Wainwright in seiner Rolle als Maigret auch so vertraut mit den Barbesitzern des Picratt’s umgehen wird, mit ihnen Cognac und Champagner trinken täte und am Ende sich sogar zum Feiern dort hinbegeben würde. Dass er dort mit der »Familie« Abendbrot essen würde? Dafür fehlt mir die Fantasie …

»Maigret und die Tänzerin Arlette«

Arbeitsauftrag für die Maigret-Zuschauenden

Dem zuvor Aufgezeichneten lassen sich zwei klar Arbeitsaufträge entnehmen: Wie geht das mit dem Kalender weiter und werden Janvier und Torrence Ruf-Kollegen bleiben? Beide Fragestellungen gilt es in der Zukunft zu beobachten.

Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass man es mit einer unterhaltsamen Maigret-Folge zu tun hat und es keine großartigen Abweichungen gegenüber der Story des Originals gab. Mehr braucht es nicht, um mich zufriedenzustellen.