Maigret-Übersetzer


Manchmal findet man Simenon-Themen, an Stellen, wo man sie nicht erwartet. Zum Beispiel bei Telepolis.

Nur: die in deutschen Landen endemische Nichtachtung des Übersetzers bedeutet, dass auch der “gute Schriftsteller” als Übersetzer völlig untergeht. Da gibt es z. B. ein paar schmuck- und muckenlose Krimi-Übersetzungen von Paul Celan: “Hier irrt Maigret”, “Maigret und die schrecklichen Kinder”. Erschienen in der alten Kiepenheuer & Witsch-Krimireihe mit der Kiepe, man findet sie heute noch antiquarisch. Celan hat der Versuchung widerstanden, bei diesen Brotarbeiten den Beweis anzutreten, dass er auch ein großer Lyriker war. Bzw. das Lektorat hat ihm die unnötigen Federn einfach weggestutzt.


Ganz anders sieht die Sache aus bei “Maigret und der Schatten am Fenster”, in der Übersetzung von Milo Dor und Reinhard Federmann. Die beiden Übersetzer, die auch als Schriftsteller separat und gemeinsam keinen schlechten Namen hatten, gestatteten sich hier, ganz heimlich und unterschwellig, die kleine Schelmerei, “ihren” Maigret gewissermaßen von Paris nach Wien zu verpflanzen. (Und gar so schwer ist es nicht, sich “Paris” als “Wien” vorzustellen.) Natürlich hat man das damals im Lektorat des Kölner Verlags gar nicht erst gecheckt. Es blieb unbemerkt, weil man so etwas von Übersetzern weder erwartet, noch es ihnen gestatten würde. Und natürlich auch, weil es in den literarischen Verlagen unzählige Lektoren und Lektorinnen gibt, die für Literatur überhaupt kein Organ haben. Man hat also diese Übersetzung offenbar auf Hochdeutsch zurecht getrimmt, das Perfekt mit “haben” statt mit “sein” gebildet, und so weiter. Aber wenn man ganz genau hinhört, erkennt man im Untergehölz immer noch die Spuren dieses Zungenschlags, den man wohl als österreichische “Monarchie” bezeichnen müsste: a bisserl Jiddisch, ein Hauch Polnisch, dazu eine Prise Ungarisch, ein Anflug Tschechisch, auch ein Schuss Rumänisch, und den ganzen Pallawatsch dann in eine Wiener Melange eingetunkt.

Sicher ein Thema, dem ich noch mal nachgehen sollte. mehr…