Maigret 2025


»Kommissar Maigret, aufsteigender Stern der Pariser Kriminalpolizei, ermittelt unermüdlich. Er durchschaut Verbrecher und kennt Paris wie kein anderer.« Aber was für ein Paris, haben sich viele gefragt, die eine Rezension zu der neuen Serie verfasst haben. Ein Paris, das in der Serie gar nicht auftaucht! Hier soll geschaut werden, was die Befürworter und Kritiker zu der neuen Serie von PBS sagen.

Bitterer dürfte sein, dass die Serie in der Wahrnehmung der Medien noch nicht angekommen zu sein scheint. In der »Los Angeles Times« heißt es:

Die Bewertung ist mit einem Scoring von 70 nicht übel, aber ob man zufrieden sein kann, wenn der Hauptdarsteller, der uninteressanteste inder Besetzung ist, und bei einem Krimi von »ausreichend spannend« gesprochen wird? 

Zwei weitere Bewertungen sind zu finden: Die »Wall Street Times« scheint nicht glücklich mit dem Darsteller Benjamin Wainwright zu sein und bemerkt, dass man mit den Nebendarstellern mehr Spaß habe. Immerhin gäbe es einige »Regie-Finessen«, auf die man sich freuen könne. Und »Screen Rant«  mag sich mit Monsieur Maigret und seiner Frau anfreunden, dafür nicht mit dem Rest der Crew. Die Serie wird als Mittelmaß angesehen.

Beide bewerteten die Serie mit einem Score von 60. Wobei, wie der erste Wert, dies auch eine gewichtete Wertung von Metacritc.com sein dürfte. Damit wären die Bewertungen der professionellen Kritiker ein wenig schlechter als die der Klicker bei IMDb.

Die Abstimmung des Volkes

Hier kommt die Serie – Stand Ende Oktober 2025 – auf einen Score von 6.8. Das wäre eine Produktion, die ich mir durchaus anschauen würde, wenn mich der Plot interessiert. Knapp an der sieben, was ich noch für gut halte. Kritisch wird es bei mir in der Region um die 6, wo ich normalerweise die Finger von lasse.

Was sich feststellen lässt, dass es einen fundamentalen Unterschied zwischen denen gibt, die einfach nur ihre Stimme zu der Serie abgegeben haben und denen, die sich die Mühe gaben, ihre Zu- oder Abneigung in Worte zu fassen. Die nachfolgende Tabelle gibt das ganz gut wieder.

 KlickerSchreiber
19%25%
23%4%
34%10%
48%10%
58%4%
69%7%
715%7%
817%4%
913%11%
1014%18%

Geht man daher und bringt das in Gruppen, sieht das Ergebnis so aus:

 KlickerSchreiber
Unzufrieden (1-4)24%49%
Okay (5-7)32%18%
Zufrieden (8-10)44%33%

Ergibt sich aus der Auswertung der Zahlen derjenigen, die überwiegend nur geklickt haben, eine Zustimmung, die auf dem Niveau der Bewertungen der Fernsehkritiker liegt, sieht es auf der Seite der derjenigen, die sich bemüßigt fühlten, ihre Gefühle zu der Adaption niederzuschreiben, gänzlich anders aus. Unter den Nutzer-Rezensenten lässt sich eine Polarisierung feststellen und die Zahl derer, die mit Widerwillen reagiert, ist fast in der Mehrheit.

Das gilt es zu relativeren, denn es liegt in der menschlichen Natur, eher zur Feder zu greifen, wenn es Probleme oder Missstände zu beklagen gibt.

Deshalb soll über die Zahlen hinaus ein Blick auf die Punkte geworfen werden, die gelobt worden sind und aber auch auf die, die neuralgisch sind.

Die Stimmen des Volkes

Vorneweg sei notiert, dass ich keine Meinung zu der Realisierung habe, denn ich habe sie nicht gesehen. Meine Versuche, mir selbst ein Bild zu machen, scheiterten kläglich daran, dass PBS erkannte, dass ich auf dem falschen Kontinent lebe – zumindest in Sachen Maigret-Serie. Das heißt nicht, dass ich nicht Vorbehalte habe und die auch in der Vergangenheit geäußert habe. Nach dem Lesen der Kritiken fühle ich mich ein wenig bestätigt.

Die Befürworter der Neuinterpretation des Kommissars betonen, dass es der alte Maigret wäre, der weiterhin empathisch wäre, intelligent und eher stoische Wesenszüge sein eigen nennen würde. Der hätte eine enge Beziehung zu seiner Ehefrau und auch die Stories wären interessant.

Nicht nur das Ensemble wurde von dieser Gruppe gelobt, auch Benjamin Wainwright schnitt gut ab. Die Drehbuchschreiber hätten nicht nur die Geschichten Simenons mehr als zufriedenstellend adaptiert, sondern Wert auf subtile und vielschichtige Charakterentwicklung gelegt.

Insgesamt habe man es mit einer soliden und professionellen Adaption zu tun, die zeitgemäß gelungen interpretiert werden würde.

Die Kritiker stören sich daran, dass die Sendung zu wenig französisch wäre. Das liegt, wie eingangs erwähnt daran, dass nicht in Paris gedreht wurde. Aber auch dran, dass der britische Einfluss der Serienmacher zu spüren war. Es gäbe keine Pfeife, kein Citroën und kaum französisches Essen. Alles wäre blitzeblank. Da würde ich sagen, dass wenn man eine moderne Adaption hat, eine Pfeife störend wäre und im heutigen Alltagsleben eher als Spleen gesehen werden würde – gerade, wenn ein junger Mann damit rumrennen würde. Und die heutigen Citroëns sind ja auch nicht mehr das, was es früher mal war. 

Keine Frage, das mit Essen wäre schon ein Punkt, der mich stören würde, auch wenn Maigret plötzlich ein Asket geworden wäre.

Benjamin Wainwright kam als Darsteller nicht an. Er wäre zu jung, ist ein Kritikpunkt. Das war aber das Ziel der Produzenten, sie wollten einen »frischen, unausgereiften« Maigret haben. Sie wollten nicht den typischen Pariser Kommissar haben. Die Frage, die berechtigt erscheint, ob man dabei einen Schönling wählen musste, der keine Ecken und Kanten hat. An einer Stelle stand geschrieben, dass die Darsteller den Eindruck erweckten, als wären sie direkt von einem Laufsteg gestiegen.

Aus den Kritiken lässt sich herauslesen, dass häufig mit den Büchern verglichen wird oder mit alten Maigret-Serienadaptionen – insbesondere mit Bruno Cremer.

Was die Kritiker lobten, ist genau genommen keines: Sie fanden die Nebendarsteller besser als Wainwright.

Und die Unentschiedenen?

Die fanden, es wäre eine gute Detektivserie. Das Problem wäre allerdings, dass es als Maigret-Serie nicht tauge. Einige aus der Gruppe, die zugegebenermaßen nicht sehr groß ist (weniger als ein Fünftel), sind der Meinung, man hätte der Serie einen anderen Namen geben sollen. 

Die guten Bewertungen kamen vermutlich zustande, weil die Produktion technisch solide und unterhaltsam ist.

Das Fazit ist wohl: Maigret-Kenner wünschen die Serien überwiegend zum Teufel. Die anderen fühlten sich gut unterhalten und sahen eine weitere gelungene moderne Detektivserie.

Hier ist die Frage, auf welcher Seite man steht.