Salopper Ton


Im September 2005 erschien bei Books on Demand (Norderstedt) das »Lexikon der internationalen Krimiautoren«. Ich hab hier nur die Kopie eines Artikels vorliegen, wen wundert’s – Simenon, und bin einigermaßen verblüfft. Als Lexikon-Eintrag taugt der Artikel nicht, obwohl Simenon noch das Glück hat, wohlgelitten zu sein. Das Glück hatte nicht jeder Autor, wie bei Hinternet zu lesen ist.
Zu Simenon heißt es, dass er mit teilweisen skurillen Pseudonymen unterwegs ist, bevor der Autor Axel Flückiger biographische Details berichtet. Ich will nicht im Detail eingehen, aber ein Absatz, wie der Folgende, irritiert schon:

Eines Tages des Jahres 1972 beschloss Simenon, sich von der Welt zurückzuziehen: Schluss mit Krimis, Schluss mit amourösen Abenteuern. Er ließ sich mit seiner letzten Lebensgefährtin und großen Liebe, der vierundzwanzig Jahre jüngereren Italienerin Teresa Subrelin, am Fenfersee nieder und führte dort ein idyllisches Leben, bis er 1989 an einer Hirnblutung starb.

Idyllisches Leben? Ehestreitigkeiten, die sich in seinem Spätwerk manifestieren? Selbstmord der geliebten Tochter Marie-Jo, die ein Grund für seine Memoiren waren? Kein Thema. Idyllisch würde ich das nicht nennen.

Es finden sich auch sympathische Sätze, zum Beispiel:

Wer genügend Zeit hat, ist nicht schlecht beraten, Simenons Werk möglichst vollständig zu lesen.

Eine gute Empfehlung, die man auch Leuten, mit wenig Zeit geben kann.

Was haben aber Empfehlungen in einem Lexikon zu suchen? Das kann man sich auch bei folgendem Absatz fragen:

Bei aller Hochachtung vor Simenon können wir freilich nicht verhehlen, dass wir noch heute, gut hundert Jahre nach seinem Geburtstag, am Rätseln sind: Wie schaffte es ein dermaßen bekannter Autor, nebenher 10.000 Weiber (darunter die berühmte Josephine Baker, vorzugsweise jedoch Dienstmädchen) flachzulegen? Und darüber erst noch verlässliche Zahlen abzuliefern?

Da haben schon ganz andere gerechnet, allerdings nicht an Simenons erstem Geburtstag, wie die Formulierung suggerieren könnte. Denn Simenon war nach eigenem Bekenntnis wohl frühreif, aber so frühreif nun auch wieder nicht. Geschmackssache, sicher, aber ich störe mich auch an der Formulierung »Weiber«.

Insofern interessiert mich der Rest des Lexikons nicht weiter.