»L’œil de Simenon«
Es ist nicht anzunehmen, dass jeder die Verrücktheit besitzt, für eine Ausstellung von Deutschland nach Paris zu fahren wir haben sie besessen und wurden belohnt. Wir machten uns an einem Freitag auf den Weg nach Paris und fanden an einem Samstag herrlichstes Wetter vor. Von unserem Quartier im 17. Arrondissement starteten wir morgens in Richtung Place de la Concorde, an dem der Ausstellungsort Jeu de Paume liegen sollte und lag. Wenn man aus der Richtung des Arc de Triomphe über die Avenue des Champs-Elysées schlendert, muss man den Platz überqueren, steht in einem Park (Jardin des Tuileries) und muss sich nun linker Hand halten. Das Museum ist nicht zu verfehlen.
Das Museum, welches man vielleicht besser als Ausstellungshalle bezeichnet, hat sehr großzügige Öffnungszeiten, der Eintritt in die Ausstellungshalle beträgt 6 Euro, reduziert 4,50 Euro. Mit der Eintrittskarte ließ sich nicht nur die Simenon-Ausstellung betrachten, auch andere Ausstellungen in dem Haus, kann der interessierte Besucher besichtigen. Die Simenon-Ausstellung »L’œil de Simenon« fand im ersten Stockwerk des Jeu des Paumes statt.
Die erste Überraschung: die Bilder, die man von Simenon veröffentlicht wurden, waren meist in einem sehr kleinen Format. In dieser Ausstellung wurden die Fotoarbeiten des Schriftstellers in den unterschiedlichsten Größen dargestellt. Es gab sowohl die Orignale aus den Fotoalben zu sehen, viele Bilder wurden auf »Ausstellungsgröße« vergrößert (was heißen soll, dass man sie ohne Brille betrachten konnte) und einige Bilder, die eine besondere Ausstrahlung hatten, hatten die Ausstellungsmacher geradezu auf Gemälde-Formate vergrößert. Die Fotografien waren über fünf Säle verteilt, die man thematisch einordnen konnte. Mehrere Säle befassten sich mit den Fotografien, die in Belgien und Frankreich entstanden sind, die weiteren Räume mit den Arbeiten, die in Afrika, Lateinamerika und Osteuropa aufgenommen wurden. Im Afrika-Saal wurde zusätzlich eine große Karte angebracht, damit der Ausstellungsbesucher nachvollziehen konnte, welche Route Simenon auf seiner Afrika-Reise nahm.
Zu der Ausstellung erschien im Omnibus-Verlag ein Katalog, der 256 Seiten umfasst und für 39 Euro im französischen Buchhandel erhältlich ist. Der Katalog ist, wie die Ausstellung, in die verschiedenen Abschnitte Simenons Foto-Schaffens unterteilt, und beinhaltet ergänzende Texte. Die Fotografien werden größtenteils in großen Formaten dargeboten.
Der Besucher der Ausstellung kann die Bilder auf sich wirken lassen, es gab keine größeren beschreibenden Texte. Nirgends fanden sich Hinweise auf Parallen des Schaffens. Dabei ist deutlich zu merken, dass sich der Schriftsteller von dem Gesehenen, von dem was er fotografiert hat, auch im schriftstellerischen Werk inspirieren ließ. Die Afrika- und Latein-Amerika-Romane bekommen eine ganz andere Dimension. Mit den Fotos von Tahiti ist es möglich, sich vorzustellen, wie es zu der Zeit, in der Simenon »Der Bananentourist« oder »Auf großer Fahrt« schrieb, vor Ort gewesen ist, wie die Menschen sich kleideten, wie sie lebten.
So finden sich Abbildungen von der Festungsanlage und dem Ort Concarneau, der in »Maigret und der gelbe Hund« eine große Rolle spielte, oder von der Ile-de-Ré, dem Ort der Gefangenenverschiffung, die von Simenon in Romanen und Reportagen beschrieben wurde. Es kann eine Täuschung sein, aber es schien mir so, als ob der Katalog einige Bilder beinhaltete, die in der Ausstellung nicht zu sehen war. Aber es ist gut möglich, dass man nicht alle Bilder wahr so wahrgenommen hatte, wie sie es verdient hätten.
Die Fotografien von Simenon sind nicht nur als Zeitdokumente interessant, sie haben eine eigene Ästhetik, eine große Ausdruckskraft. Dabei scheute sich der Nebenbei-Fotograf nicht, auch ausgesprochen Hässliches aufzunehmen, wie zum Beispiel merkwürdige und/oder verslumte Stadtlandschaften.
Wer dieser Tage (bis zum 7. März) nach Paris reist, sollte es nicht versäumen, sich diese Ausstellung anzuschauen.