Von Gerüchen, Heiligen und Malereien
Ich habe heute ein Bild im Internet gesehen, auf dem die Vorzüge von Büchern angepriesen werden. Ein Argumentationspunkt war gewesen, Bücher würden schön nach Papier riechen. Da sich er der Vergleich mit Menschen verbietet, gehe ich den Weg und vergleiche es mal mit Autos. Hat man ein neues Auto, dann riecht das schön. Vielleicht riecht es auch nur schön, weil man weiß, dass es neu ist. Der Geruch muss jedoch so angenehm sein, dass ich im Internet ein Angebot für ein Spray mit Neuwagen-Geruch fand.
Vor mir liegt ein Buch von aus dem Heyne-Verlag von 1974 - »Der kleine Heilige«. Da ich es mir auf der Couch bequem gemacht habe, kann ich es riechen. Ich kann bezeugen, dass dieser Geruch kein Kaufargument war und ich auf jeden Fall ein Ebook diesem Exemplar vorziehen würde. Natürlich, das Buch ist 43 Jahre alt und hat einiges mitgemacht. Wer weiß, wo es überall gestanden hat, welchen Ausdünstungen es ausgesetzt war. Dafür hat es sich sehr gut gehalten.
Das Exemplar stammt aus dem Heyne-Verlag, der auf einer Frontispizseite betont, dass im Verlag »alle Maigrets und Psychos« als Taschenbücher erscheinen würden. Das mit dem Maigrets war noch relativ einfach. Aber derjenige, der die Idee hatte, den Rest des erzählerischen Werks, darunter Romane wie » Es gibt noch Haselnußsträucher« und »Der Zug« unter der Kategorie Psycho laufen zu lassen, hatte dann beim kleinen Heiligen doch seine Zweifel. Deshalb wurde der Roman außerhalb des übrigen Werkes als Heyne Extra herausgegeben. Es gab dann noch eine zweite Auflage, die acht Jahre später erschien und nun duftend vor mir liegt, die aber nicht mehr als Extra erschien, sondern eine ganz normale Nummer hat.
Zu den kleinen Freuden beim Kauf von gebrauchten Büchern gehören für mich, die kleinen Entdeckungen, die aus Büchern fallen. Das geht mir schon bei meinen eigenen Büchern so, aus denen mit Vorliebe Bons und Restaurant-Rechnungen fallen. Da denke ich mir dann: »Ahh, hast Du 1998 in Sindelfingen gelesen. Schau an!« Manchmal fällt mir sogar noch ein, was das für ein Restaurant gewesen ist.
Aus diesem Buch fiel eine zweiseitig bemalte Karte eines Kindes. Vielleicht hat der Vorbesitzer in jeder seiner Bücher solche Karten als Lesezeichen gehabt. Wenn nicht, hätte er das Lesezeichen vielleicht gern behalten. Nun habe ich zwar eine wehmütige Ader, aber letztlich kann ich mich von Rechnungen und Bons und auch von solchen Karten dann trennen. Ich habe es aber mal digitalisiert und vielleicht erfreut sich die verehrte Leserschaft an der Kinder-Zeichnung, die mit ihrer Fröhlichkeit davon zeugt, dass ihr noch nie ein Simenon vorgelesen worden ist.