Presse-Show (1)


Wie man sicher in den letzten Jahren mitbekommen hat, verfolge ich ausführlich, was denn so in der Presse über Simenon und Maigret geschrieben wird, beziehungsweise in welchem Kontext auf Schriftsteller oder Figuren von ihm verwiesen wird. Hin und wieder werden ein paar Worte darüber verloren. In Zukunft immer unter dem Titel Presse-Show, damit klar ersichtlich ist, was angesagt ist.

Eine Ewigkeit hatte er schon nichts mehr geschrieben und ich muss gestehen, dass ich von ihm auch noch nichts gelesen haben: Johannes Mario Simmel. Zu seinem Tode habe ich mir vorgenommen, das alsbald nachzuholen, um mitreden zu können. Den Vorwurf, Trivialliteratur zu verfassen, sah sich nicht nur Simenon ausgesetzt sondern auch dieser Schriftsteller. Die Süddeutsche schrieb anlässlich des Todes:

An Simmel begann hierzulande die Diskussion um die Trivialliteratur - die lange Zeit nicht der literaturkritischen Erwähnung wert gewesen war. Er hat sich selbst immer gegen diesen Begriff gewehrt, gegen die Herabsetzung, die pejorativ wirkte, selbst wenn sie wohlwollend gemeint war. “Zuerst war ich der Illustriertenschreiber, dann der Erfolgsautor, heute bin ich das Phänomen. Unlängst hat mir jemand gesagt, ich sei eine Kultfigur”, erklärte er in einem Interview. “Ich gehe davon aus, daß ich ein richtiger Schriftsteller bin, der richtige Bücher schreibt, keine Unterhaltungsmaschine. Ich sehe mich, das ist jetzt hochfahrend genug, in der Gegend von Fallada, Graham Greene oder Simenon.” Walser respektierte Simmel, Böll respektierte ihn. Und im Problem mit der Trivialliteratur sah er sich wirklich auf einem Gleis mit Böll - auch bei diesem liebten es einige prominente Literaturkritiker “ihn zu verdammen und hinabzustoßen in die Vorhölle der Trivialliteratur, nur weil er so erzählt, daß die Menschen ihn verstehen”.

Während Grass und Böll sich allmählich skeptisch zeigten, was die literarische Effektivität, die Arbeit des Schriftstellers anging, und sich eher politisch direkt engagierten, blieb Simmel Schriftsteller. Er glaubte an die Kraft des Wortes, an die Macht des Erzählers. Und seine Technik hat er, über die Jahrzehnte, wahrlich beherrscht. “So bieten seine politischen Statements nichts allzu Aufregendes”, schrieb Joachim Kaiser in seiner Würdigung: “Doch ändert sich Simmels Attitüde, seine Mitteilungs-Art, seine Äußerungs-Temperatur in dem Moment, da er plötzlich epische Zusammenhänge entdeckt, eine Fährte wittert, auf eine Blutspur stößt. Dann beseelt ihn so etwas wie ein Verzweiflungs-Rausch.”

((Quelle))

Christian Petzold soll international sehr bekannt geworden sein, mir sagte sein Name nichts. In einem Interview mit Digital TV erklärt der Regisseur:

Bei (dem französischen Krimi-Autoren) Georges Simenon gefällt mir, dass er seine Fälle vor Gericht gefunden hat. Wenn jemand angeklagt ist, erfährt man nichts von ihm, nur Geburtsdatum und einen ganz kurzen biografischen Abriss mit Schulbildung und Wohnort und Familienstand, und dann hört man den Fall. Dann beginnt beim Zuschauer eine Assoziation und ein Nachdenken. Der Zuschauer entwirft für sich eine mögliche Biografie des Angeklagten. Das habe ich immer als Reichtum empfunden. Das weckt eine Neugierde beim Zuschauer, so soll es sein. Der Zuschauer darf nicht auf primitivste Art befriedigt und ermüdet werden.

Abgesehen davon, dass ich dem Regisseur bei seinem letzten Wort unumwunden zustimme, war es mir neu, dass Simenon seine Fälle vor Gericht gefunden hat. Einige vielleicht, wobei ich nicht sagen könnte, welche. Putzig übrigens auch, dass extra hinzugefügt, dass es sich um einen französischen Krimiautoren handelt. Liebe Digital-TV-Leute: Georges Simenon war ein französischsprachig schreibender Schriftsteller aus Belgien, der ein wenig mehr geschrieben hat als nur Krimis. Nur mal so am Rande.

((Quelle))