Das Phänomen ist klar: Man muss unbedingt das nächste Buch lesen. Ist der Patient erst einmal dem Schriftsteller verfallen, sind unterschiedliche Grade der Sucht zu beobachten. Die leichteren Fälle nehmen sich hin und wieder ein Buch aus der Bahnhofsbuchhandlung oder Bibliothek mit, andere haben den Drang, nicht nur alles lesen, sondern auch besitzen zu müssen. Ganz schwere Fälle betreiben Websites.
Autogramme sind nicht so meine Welt. Eines habe ich mir mal gewünscht, da war ich aber wirklich noch Kind – zweite, dritte Klasse. Heute würde ich mich fragen, wie ich es denn anstellen könne, ein ausgefallenes Autogramm zu bekommen. In der Nähe von Kempten gab es jemanden, der Autogramme sammelte. Er schrieb 1957 Simenon mit der Bitte um ein Autogramm an und bekam dafür eine Antwort von dessen Ehefrau.
Keine Frage: Das Recht auf Vergessen gibt einem Bürger die Chance, unangenehme Berichte über einen aus dem Internet zu entfernen. Damit lassen sich offensichtliche Unwahrheiten glatt bügeln, aber auch unangenehme Wahrheiten. Ich kann nicht sagen, dass mir besonders häufig Hinweise auf solche Korrekturen im Index von Google untergekommen sind. Als ich jedoch neulich nach »Georges Simenon« suchte, war ich doch überrascht, als ich nebenstehende Mitteilung vernahm.
Zeit für eine kleine Presse-Nachlese nachdem uns gestern von der WELT verraten worden ist, wo die Reise der deutschsprachigen Rechte hingeht. Nachdem seit Januar bekannt ist, dass Diogenes die Rechte an Simenon verloren hat und dies nirgends thematisiert worden ist, überrascht mich das Echo, das die Neuvergabe jetzt erzeugt, schon ein wenig. Es ist dem Autoren und dem Verlag zu wünschen, dass dies mehr als ein Sommerloch-Thema ist.
Man mag es kaum glauben, aber zu diesem Werk von Simenon gibt es bisher hier keine näheren Ausführungen. Das liegt nicht daran, dass 1.200 Seiten zu viel Lesestoff wären. Es liegt vermutlich auch nicht daran, dass das Leben des Schriftstellers nicht interessant wäre. Aber ehrlich: 1.200 Seiten?
Das Label ist in diesem Fall wirklich irreführend, denn in »Passion Simenon« von Jean-Baptiste Baronian und Michel Schepens spielt der Text gar nicht die große Rolle, so wie es textuel vermuten lässt. In diesem Buch, im Herbst 2002 erstmals erschienen, geht es um das Begucken und dieses wirklich reichlich.
Weit hat es Simenon nirgendwo hin gehabt. Das war schon praktisch und gerade für jemanden, der die Stadt erobern möchte, ziemlich wichtig. Die Rede ist von Simenons erstem Hotel in Paris - dem Hotel »Bertha« in der Rue Darcet, nicht weit vom Place Clichy. Wer hier absteigt, ist Mitten im Leben.
Was nützt der berufliche Erfolg, wenn das Privatleben keine Erfüllung bringt: die Frau war Weg, geblieben war nur Hass, der in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde; die Tochter liebte einen abgöttisch und verursachte damit neue Probleme. Der Maigret-Autor schien irgendwie merkwürdig zu sein.
Simenon suchte Wege, seine Frau aufzuheitern. Eine Chance sah er in der Rückkehr nach Europa, aber es wurde nicht besser sondern immer schlimmer. So begann sich bedingungslose Liebe in bedingungslosen Hass zu wandeln. Interessanterweise merkte man es den Romanen nicht an.
Glück ist immer relativ: Simenon sollte auch nach dem Leben auf der Shadow Rock Farm beruflich erfolgreich sein. Was das familiäre Glück jedoch betraf, begannen schwierige Zeiten. Ein Abriss über die letzten wirklich glücklichen Jahre Simenons, Besuche in Europa und den ersten Brüchen.
Ein neues Land, neue Gewohnheiten, eine neue Sprache und eine neue Frau. Simenon reist nach und durch Amerika, unstet wie immer, begibt sich in eine ungewisse und komplizierte Beziehung. Am Anfang war natürlich nur Sonnenschein. Simenon zeigt neue, nicht unbedingt positive Seiten.
Simenon machte um den Krieg einen großen Bogen, schließlich hatte er im ersten Weltkrieg den Einmarsch der Deutschen erlebt. Er kümmerte sich um belgische Flüchtlinge und machte Geschäfte mit deutschen Filmfirmen. Das mochte Geld bringen, aber auch Ungemach...