Letztlich hat Maigret Glück gehabt, er war durch Calvados und Schiedam schon ein wenig aufgewärmt. Aber in einer stürmischen Nacht verschnürt auf einer Mole abgelegt zu werden, gehörte sicher nicht zu den beruflichen Highlights des Kommissars. So war es Glück, dass ein Fischer vorbeikam und den Kommissar entschnürte, auch wenn er skeptisch war. Hier haben wir einen Blick auf den Fischereihafen von Ouistreham.
Der Kommissar ist ein wenig frustriert. Da steht er vor dem Bürgermeister, Fabrikanten und Seemann und jeder von ihnen könnte Dreck am Stecken haben, nur nachweisen kann er ihnen das nicht. So kommt der Schluss: »Juristisch belangen konnte man keinen von ihnen!«. Also Krimi-Leser und -Gucker denkt man sich an der Stelle: »Moment mal! Was ist denn mit dem ältesten Polizisten-Trick der Welt? Kennt Maigret den nicht?«
Der Wirt aus dem Hôtel de l'Univers war ein aufmerksamer Zeitgenosse, der seinen Gast – Maigret – darauf hinwies, dass Julie sich gerade auf einen Spaziergang machte. Das Wetter war dafür nicht ideal, und Spaziergang ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn sie »eilte«. Als Ortskundiger konnte der Wirt auch fundierte Vermutungen äußern, wo das Dienstmädchen hin möchte. Maigret ist interessiert und folgt.
Im Oktober gibt es eine weitere Premiere: Der Kampa-Verlag veröffentlicht Erzählungen aus der Agence O-Reihe. Von diesen Geschichten ist in Deutschland bisher nur eine einzige erschienen und das auch nicht innerhalb des Diogenes-Universums, in dem Simenon zur damaligen Zeit beheimatete war, sondern in einem Krimi-Sammelband. Umso kann man sein, was sich in der Agence O so ereignet.
Erstaunlich ist der Komfort-Zuwachs beim Telefonieren über die letzten hundert Jahre. Wenn man sich überlegt, dass man früher durch die Strippe des Telefonapparates fixiert war; das davor nicht jeder einen Telefonanschluss hatte und noch ein wenig früher man das Gespräch immer vermittelt bekommen musste, ist das heutzutage schon toll, dass man an fast jeder Ecke telefonieren kann. Es hat nichts exotisches.
Schon für damalige Verhältnisse war Ouistreham einen Katzensprung von Caen entfernt. Ein Verdächtiger machte sich von dem Hafenort aus mit dem Fahrrad auf den Weg nach Caen und sollte für die zwölf Kilometer etwa eine halbe Stunde gebraucht haben. Für den öffentlichen Nahverkehr gab es vielleicht Busverbindungen, obwohl davon nicht die Rede ist, sondern eine Kleinbahn. Diese fuhr nur tagsüber.
Diese Sache mit dem Briefe schreiben ist eine hochinteressante Sache. Ich kann mich an einige Bücher erinnern, die ich gelesen habe, in denen letztlich nur Briefe ausgetauscht werden. Bei den Briefen von Gide und Simenon hat man das Gefühl, dass beide an den Sätzen gefeilt hat und nicht einfach drauflosgeschrieben hat. Ich frage mich ernsthaft, ob später mal Briefwechsel aus diesen heutigen Zeiten veröffentlicht werden?
Riskiert man einen Blick auf die Karte und betrachtet sich Ouistreham, stellt man schnell fest, dass – wie es Simenon beschrieben hat – der Ortskern auf der einen Seite des Kanals liegt und der Leuchtturm auf der anderen Seite. Deshalb musste der Kommissar auf seinem Weg zwischen dem Tatort und der Kneipe beziehungsweise des Hotel über die Schleuse marschieren. Das ist heute noch nachvollziehbar.
Grande Rue. Mitten in Ouistreham. In der Geschichte wird nicht erwähnt, dass Maigret in der Grande Rue gewesen wäre. Ich hätte jetzt noch nicht einmal herausgelesen, dass Maigret beim Bürgermeister-Amt oder bei der örtlichen Polizei gewesen wäre, die sich beide am Ende der Straße befinden. Dann hätte er zumindest einen kleinen Blick in die große Straße werfen können. Eigentlich schade.
Ein guter Seemann, sagte man, könnte er werden, gar Offizier oder Kapitän. Allerdings war er auch jähzornig und unbedacht, wenn er Alkohol getrunken hatte, umso mehr und die Tatsache, dass er einen Polizisten umgebracht hatte – im Suff – würde ihm noch sein Lebtag anhängen. Julie Legrand hatte so manche Sorge was ihren Bruder anging und ersuchte deshalb in einer Kapelle, um göttlichen Beistand zu erbitten.
Bevor ich etwas schreibe, das muss ich mir angewöhnen, sollte ich erst einmal auf der Webseite nach den Namen oder Begriffen suchen, über die ich schreiben will. Oft habe ich schon kleine Notizen hinterlassen, auch wenn diese mich heute ratlos zurücklassen. Zum Beispiel in diesem Beitrag über die Zeitschrift »Der Monat«, in der ich 2003 schon ein Interview von Simenon mit Carvel Collins gefunden hatte.
Manchmal stolpere ich über Stellen auf der Webseite und denke: Schau an, darüber hast Du schon mal geschrieben. Oder: Hoppla, darüber hast Du noch gar nicht geschrieben. So ist es mir mit dem Briefwechsel zwischen André Gide und Simenon gegangen, von dem ich entdeckte, dass es noch keine Beschreibung gab. Die Seite ist angelegt, aber völlig verwaist. Da muss also dringend etwas getan werden.