Über die Story

Jules Naud – ein Schiffer – stand am Kanal und drehte sich eine Zigarette. Er und sein Bruder waren mit ihrem Schiff die Ersten, die an diesem Morgen die Schleuse »Les Récollets« passieren sollten. Paris erwachte und Jules warf den Dieselmotor an. Das Schiff bewegte sich in Richtung Schleuse, aber ein paar Meter vor der Schleuse bekam der Motor einen richtigen »Schluckauf«. Die Männer mühten sich, das Schiff von dem Ort wegzudrücken, an dem die Schiffsschraube den Grund zu berühren schien. Nach dem sich auch das Getriebe gemeldet hatte, bekamen die Männer ein mulmiges Gefühl. Die Pariser warfen zu der Zeit vieles in die Kanäle: Kinderwagen, alte Möbel, Leichenteile… Die Gebrüder Naud hatten das Pech, sich Letzteres eingefangen zu haben.

Nicht nur Lucas ist erstaunt, als er vernahm, dass der gefundene Arm zu einem Mann gehört, auch Maigret kommt gehörig ins Staunen. Und vielleicht ist der Tatsache, dass es ein Männerarm war, der gefunden wurde, zu verdanken, dass Maigret sich dieses Falles annahm. Der Taucher war schon in Aktion, als Maigret ankam. Da an der Schiffsanlegestelle nichts weiter gefunden wurde, suchte der Taucher mit seinem Assistenten an einer anderen Stelle. Maigret suchte nach einer Telefonzelle.

»Was darf es ein?«, fragte der Wirt eilfertig.
»Haben Sie Telefon?«
Im selben Augenblick entdeckte er es. Es war ein Wandapparat, der nicht in einer Kabine hing, sondern gleich neben dem Tresen.
»Komm, Lapointe.«
Er hatte keine Lust, in aller Öffentlichkeit zu telefonieren.

Einen verwunderten und gekränkten Wirt zurücklassend, machen sich Maigret und Lapointe auf die Suche nach einer anderen Kneipe.

Sie mussten etwa dreihundert Meter weit laufen, ehe sie eine düstere Bar entdeckten, deren Tür der Kommissar aufstieß. Man musste zwei Steinstufen hinabsteigen, und der Fußboden war mit kleinen dunkelroten Fliesen gekachelt, wie in Wohnhäusern von Marseille.
Es befand sich niemand in dem Raum, nur eine fuchsrote dicke Katze, die in der Nähe des Ofens lag, sich träge erhob, auf eine angelehnte Tür zuschlich und dahinter verschwand.
»Ist hier niemand?« rief Maigret.
Man hörte das hastige Ticken einer Kuckucksuhr. Der Geruch von Schnaps und Weißwein lag in der Luft, wobei der Schnaps überwog, aber auch ein bisschen nach Kaffee roch es.
In einem Hinterzimmer rührte sich etwas. Eine Frauenstimme sagte mit einer gewissen Trägheit:
»Sofort!«

Die Wirtin, früher wohl einmal ansehnlich, machte nicht den Eindruck, als ob Gäste willkommen wären. Während Maigret mit dem Quai telefoniert und die Ergebnisse durchgibt, genießt er einen leichten Landwein, deren Ursprung er in der Gegend von Poitiers vermutet. Er vermutet richtig: ein kleines Dorf bei Poitiers sei der Ursprung, bestätigte die Wirtin auf Nachfrage. Es war allerdings in diesem Gespräch der einzige Satz, den sie mit mehr als zwei Wörtern versah. Neugierig wird Maigret, als er vernimmt, dass der Mann gerade in dieses Dorf gefahren ist, um neuen Wein zu holen. Der Wein hatte es ihm mehr angetan, als der Männerarm aus dem Kanal.

Nach und nach finden sich auch die anderen Teile, nur der Kopf bleibt verschwunden. Die Täter hatten genügend Verstand, den Kopf auf andere Art und Weise zu beseitigen. Die Identifizierung wurde damit erschwert. Dr. Paul charakterisiert den Mann so: »Braun, nicht sehr groß, eher klein, aber stämmig, mit hervorspringenden Muskeln, dunklem und dichtem Haarwuchs auf Armen, Händen, Beinen und der Brust. In Frankreich kommen solche Leute auf dem Lande häufig vor, kräftige, eigenwillige, dickköpfige Burschen.«, und fügt hinzu, dass ihn der Kopf des Mannes brennend interessieren würde. Maigret auch.

Interessant findet Maigret die Ergebnisse, die die Obduktion der inneren Organe ergibt. Abgesehen von dem fehlenden Blinddarm und den Narben, die den Schüssen eines Schrotgewehrs zuzuschreiben sind, gibt die Leber Aufschluss. Kein Säufer, aber jemand, der alle halbe Stunde ein Glas Wein trinkt – ein Wirt?