Über die Story

Da kann sich jeder dran erinnern: ging man als Kind einen einsamen Weg, dann vielleicht noch in der Dämmerung oder im Dunkeln, pflegte einem die Fantasie oft einen Streich zu pflegen. Unwillkürlich ging man schneller, um imaginären Verfolgern zu entkommen, die einem – man hatte es oft genug im Fernsehen gesehen – Böses wollten. Dann bewegte sich etwas vor einem und die mahnenden Worte der Mutter fielen einem, das Herz stockte und man atmete einen Augenblick später erleichtert auf, als man registrierte, dass es nur ein Windstoß gewesen ist, der die Umgebung in Bewegung brachte oder das der Schatten nur ein Baum war, der sich im Wind neigte.

Simenon hatte aus diesen kindlichen Fantasie zwei Erzählungen gemacht: in Die Aussage des Ministranten musste sich Maigret mit einem Jungen herumschlagen, der überzeugend behauptete, er hätte einen Mord beobachtet, als er auf dem Weg zur Messe war. In dieser Erzählung sehen wir nur den Blickwinkel des Ministranten.

Georget stand früh auf. Gern, konnte man nicht sagen, aber es war lohnend. Als Ministrant im nahen Hospital hatte er ein regelmäßiges Einkommen und hin und wieder fiel eine Schönigkeit ab. Die Vorteile überwogen die Nachteile und ein großer Nachteil war, dass er früh im Dunkel raus musste. Mochte es im Sommer noch gehen, so spielte in der dunkeln Jahreszeit Wind und Schatten mit ihm. Aber das war alles nichts gegen die Realität, die ihn eines Tages einholen sollte.

Er schlenderte an den Häusern entlang, da bewegte sich eines Morgens ein Schatten in der Hauswand. Georget durchzuckte es, jetzt ist es soweit, da kam auch schon die Anrede »Hör mal, Kleiner!«. Weiterrennen und nicht kümmern, das wäre die normale Reaktion gewesen, die sich schon erledigt hatte, denn der Fremde hatte ihn mit festem Griff gepackt. Wie die bösen Onkel, von denen man immer hört, fragte er, ob er sich etwas wünschen würde. Was sollte man darauf antworten? Man wollte von diesem Fremden nichts haben, denn vermutlich war damit eine Gegenleistung verbunden und die konnte man sich mit beliebigem Schrecken versehen vorstellen. Kurzum, er wollte von dem fremden Mann nichts, der aber insitierte und mit anderen Geschützen auffuhr: er müsse sagen, was er wolle und wenn er den Wunsch, den er habe, nicht erfülle, dann würde Georget schreckliches widerfahren. Da war es!

Der Ministrant erklärt, dass er sich für ein Fahrrad begeistern könne, und der Fremde erklärt ihm, dass er für das Fahrrad und für sein Leben nur eine Kleinigkeit in der Kapelle zu erledigen hätte. Georget lernt an diesem Tag kalten Schweiß kennen.