Über die Story

Der Anfang erinnert ein wenig an den Witwer, der nach Hause kommt und feststellen muss, dass seine Frau nicht da ist (siehe »Der Witwer«). Erst die Polizei kann das Rätsel um seine verschwundene Frau lösen. Bei Alain Poitaud ist es ein klein wenig anders. Er kommt nach Hause, um sich umzuziehen; um dann mit seiner Frau Essen zu gehen. Stattdessen findet er einen Mann vor, der sich als Inspektor Noble von der Kriminalpolizei vorstellt, und umgehend anfängt, Fragen zu stellen, die Alain ziemlich verwirren. Ob seine Frau eine Waffe gehabt hätte oder er eine besäße? Wenn ja, ob er sie mal sehen könne? Na klar, denkt sich Alain, gerne zeigt er sie dem Inspektor. Nur, als er den üblichen Aufbewahrungsort öffnet, ist sie nicht da. Den Inspektor bestärkt das nur in seiner Neugierde und als Krönung »lädt« er Alain zum Quai des Orfèvres ein.

Einladung, so darf man es eigentlich nicht sehen. Aber alle gehen mit Alain sehr vorsichtig um, denn er ist jemand in Paris. Als Herausgeber und Erfinder der Zeitschrift »Du« ist er mehr als bekannt und genießt – zumindest, aber das ist ihm eigentlich das Wichtigste – die Achtung der Frauen. Er ist beliebt, ein umgänglicher Typ, der Alle und Jeden mit »mein Hase« anredet.

Er wird von Kommissar Roumagne »betreut«. Der teilt ihm kurz und bündig mit, dass seine Frau Jacqueline – von ihm kurz Kätzchen genannt – ihre Schwester Adrienne nach einem kurzen, heftigen Streit erschossen hatte. Da bleibt dem guten Alain aus zweierlei Gründen das Herz stehen: zum einen, ist es natürlich nicht so besonders toll, zu erfahren, dass die eigene Frau zur Mörderin geworden ist, um das mal ein wenig salopp auszudrücken, zum anderen wird ihm bewusst, dass durchaus er der Auslöser gewesen sein sein könnte, schließlich war er über Jahre hinweg auch der Geliebte von Adrienne gewesen. Deren Mann, ein langweiliger Beamter bei der Staatsbank, wusste von diesem Verhältnis nichts. Alain hatte bisher vermutet, dass auch sein Kätzchen von der Affäre nichts wusste. Was ihn verwunderte war, dass Jacqueline sich bis jetzt seit gelassen hatte, mit der Rache: denn die Liebschaft war seit ungefähr einem Jahr beende.

Als er wieder nach Hause kommt, dem Kommissar hat er freimütig die Verhältnisse im Hause Poitaud geschildert, wartet schon eine Horde seiner Kollegen auf ihn. Wie oben schon erwähnt, ist Alain ein geselliger Mensch, vielmehr noch, er vermag nicht ohne Gesellschaft sein, so lädt er seine Kollegin zu sich in Haus ein. (Mir wäre, ganz ehrlich gesagt, dass ja nichts, aber die Menschen sind halt verschieden.) Oben wird er mit Fragen bestürmt, auf die er keine Antworten weiß und sorgt sich darum, dass alle Anwesenden ordentlich zu trinken haben.

Man hat den Eindruck, dass Alain Trinker ist. Wenn er unterwegs ist, geht er bei jeder sich bietenden Gelegenheit in das nächste Bistro und bestellt sich einen Doppelten: meist Scotch. Ist er bei irgendjemandem zu Besuch, so bedient er sich gern an der Bar. Er behauptet von sich, selten besoffen zu sein und bis zum Tage nur vier, fünf Mal aufgewacht zu sein, und einen Kater gehabt zu haben. Bei dem, was er sich einverleibt, durchaus eine Leistung.

Adrienne hinterlässt zwei Kinder, Jacqueline, wenn man es so betrachtet, einen Sohn. Es ist klar, dass sie höchstwahrscheinlich ins Gefängnis muss. Es gibt zwischen ihr und Alain noch eine Gegenüberstellung, bei der keiner von beiden sich groß etwas zu sagen hat, wenn man von der Bemerkung Jacquelins Frau absieht, die sich mit einem Sorry bei ihrem Mann entschuldigt. Für was eigentlich?

Sie will ihn nicht sehen, und so beantragt er auch keine Besuchserlaubnis. Der beste Anwalt, den es für solche Fälle gibt, wird auf den Fall angesetzt (von dem es heißt, dass neun von zehn Klienten mit einem Freispruch davon kommen). Mehr kann er für seine Frau nicht tun.

Stellt sich die Frage nach den Schuldigen? Alain hat Schuld, denn er hat sich mit der Schwester seiner Frau eingelassen. Die Schwester hat auch Schuld, sie hätte sich nicht mit dem Mann ihrer Schwester einlassen müssen. Ist Jacqueline nur Opfer? Es kommt natürlich alles ganz anders…