Über die Story

Am 15. Oktober um zwei Uhr morgens wird Deine Zellentür unverschlossen und der Aufseher anderweitig beschäftigt sein. Wenn Du den unten skizzierten Weg folgst…

Auf so einen Zettel hatte der Mann seit Wochen gewartet. Was er nicht wusste, war, dass dieser Abend eigentlich der Abend vor seiner Hinrichtung sein sollte. Der Mann hatte eine bestimmte Vermutung, wer diesen Fluchtplan arrangiert hatte, ahnte aber nicht, wie er sich mit seiner Vermutung irrte. Derjenige, der diese Flucht organisiert hatte, setzte seinen eigenen Kopf aufs Spiel, auch wenn das nur im übertragenen Sinne zu verstehen ist, und interessierte sich vielmehr für Denjenigen, in den der Mann sein blindes Vertrauen setzte.

Joseph Heurtin ist der, der wegen des Mordes an Madame Henderson und ihrer Zofe zum Tode verurteilt wurde, Kommissar Maigret (im Schlepptau der Gefängnisdirektor der Santé und Untersuchungsrichter Coméliau) ist der Initiator der Flucht.

Er glaubt nicht daran, das Joseph Heurtin der Mörder ist, dafür ist er ihm zu dumm. Mit dieser Meinung steht er ziemlich allein da, zumal er die für die Verurteilung reichenden Indizien beschafft hat. Wie schon in »Maigret vor dem Schwurgericht« rollt Maigret den Fall nochmals auf, mit der Gewissheit, sich beim ersten Mal verrannt zu haben.

Zwei Leute stehen bereit, Heurtin zu folgen. Nach einer langen Wanderung landen sie in einem kleinen Bistro, in der der Entwichene sich nicht etwa betrinkt, sondern den Wirt fragt, ob er nicht auch Zimmer zu vermieten hat und sich in einem der Zimmer total erschöpft niederlässt. Unterdessen machen es sich die zwei Inspektoren in dem Lokal »gemütlich«, Maigret in einem benachbarten Hotel, aus dem er den Überblick über die Geschehnisse im Bistro hat.

Nun hat Maigret allerdings nicht alles im Blickfeld. In der Zeitung erscheint am nächsten Morgen die lapidare Meldung, dass der zum Tode verurteilte Mörder Heurtin aus der Santé entwichen sei, aber die Meldung in der Mittagszeitung, dass diese Flucht von der Kriminalpolizei initiiert worden sei, die stammt sicher nicht aus Maigrets Hause.

Das kommt Maigret zu Ohren, als sich Heurtin daran macht, Zeitung zu lesen, die Zeitung, in der die Meldung veröffentlich wurde. Der Versuch des Inspektors, die Zeitung dem Lesenden zu entwenden misslingt, dass fadenscheinige Argument, die Zeitung gehöre ihm, nimmt Heurtin diesem nicht ab, der Verdacht keimt auf, dass er es mit der Polizei zu tun hat, nach dem sich daraus entwickelnden Tumult, kann der Ein-Mörder-ist-er-wahrscheinlich-nicht fliehen.

Nun steht Maigret weder mit dem Mörder noch mit dem Ein-Mörder-ist-er-wahrscheinlich-nicht da – eine ziemlich prekäre Situation. Er bietet dem Untersuchungsrichter, der der ganzen Aktion, von der Schuld Heurtins überzeugt, von Anfang an skeptisch gegenüberstand, seinen Rücktritt an, wenn er nicht innerhalb von zehn Tagen den Mörder gefunden hat. Maigret denkt, im Gegensatz zu Coméliau, an jemand ganz anderen, als Heurtin – nur steht er mit leeren Händen da.

Das ändert sich, als er erfährt, dass der Tipp an die Zeitung aus dem Coupole heraus geschrieben wurde und er von Moers eine detaillierte Charakterisierung des Verfasser bekommt (die zwar mehr in den pseudowissenschaftlichen Bereich geht, aber nicht minder zutreffend ist, da mag man nun von halten was man will…). Dort entdeckt er auch seinen Flüchtigen wieder, den Neffen der ermordeten Witwe und ein völlig neues, spöttisch in die Welt blickendes Gesicht.

Warum diese Erzählung so häufig verfilmt wurde? Weil sie eine der Besten ist…