Zürich

Simenons neue Heimat


Plötzlich gab es viel Bewegung: Angefangen hat es letzte Woche als Philipp Haibach bei mir nachfragte, ob ich denn wüsste, wie es um die deutschsprachigen Rechte Simenons steht. Ich sagte ihm, was ich jeden sage, der mich in der letzten Zeit gefragt hat: Ich weiß nur, dass Diogenes die Rechte verloren hat und nicht sagen kann, an wen die Rechte gegangen sind. Ich habe Diogenes aber so verstanden, dass jemand die Rechte hat, sich nur noch nicht zu erkennen geben will.

Anfang der Woche gab es plötzlich eine Mitteilung im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, dass Diogenes die Rechte an Simenon verloren hat. Ich war etwas verwundert, denn eine Neuigkeit war das nicht: Wer eine Suchmaschine betätigen kann und sich dafür interessiert, der konnte dies schon seit Anfang des Jahres nachlesen. Interessant fand ich es schon, dass die Meldung kam, nachdem ein Journalist angefangen hat, zu graben.

Schade, dass ich dem Journalisten aus der Schweiz heute Vormittag noch nicht sagen konnte, was ich heute Abend weiß: Die Rechte gehen an Daniel Kampa und seinen neuen Verlag. Der WELT-Journalist Philipp Haibach hat die Katze aus dem Sack gelassen.

Nun handelt es sich bei Herrn Kampa um keinen Unbekannten und einen ausgewiesenen Simenon-Kenner. Man möge einfach in die zahlreiche Sammelbände von und über Simenon hineinschauen, die in den letzten Jahren bei Diogenes erschienen sind. Der Name taucht dort immer wieder auf. Nebenbei war Daniel Kampa die rechte Hand von Daniel Keel, dem Gründer des Diogenes-Verlags, und in der Geschäftsführung tätig. 2013 verließ er den Diogenes-Verlag und ging zu Hoffmann & Campe.

So war es keinesfalls nur eine Randnotiz, als Daniel Kampa in diesem Jahr Hoffmann & Campe wieder verließ und verlautbaren ließ, dass er einen eigenen Verlag gründen würde. Selbst auf SPIEGEL Online wurde dies vermeldet. Also durchaus eine Meldung, die die Verlag- und Kulturwelt aufhorchen ließ.

Das dies eine Möglichkeit sein könne, hatte Philipp Haibach letzte Woche schon vermutet. Das war die heiße Spur, der er folgte. Ich mochte das nicht recht glauben: Simenon war beim Diogenes-Verlag in besten Händen. Für Simenon-Freunde gab es keinen Grund zur Klage. Natürlich sind einige Werke seit Jahren nicht erschienen, aber wir reden über mehr als zweihundert Werke. Es ist fast unvermeidlich, dass nicht alle Bücher vorgehalten werden. (Wobei das ein Argument ist, dass im Zeitalter von Ebooks weniger zieht - wie ich uneingeschränkt zugeben muss.) Ich hätte gewettet, dass der Grund für den Wechsel im Finanziellen zu suchen ist. Aber das ist wohl ganz und gar nicht der Fall: Daniel Kampa äußert sich derart, dass die Rechte an Simenon sehr günstig seinen.

Kampas Planung sieht so aus, dass innerhalb von zwei Jahren alle Maigret-Romane erscheinen sollen. Auch die Non-Maigret-Romane und die autobiographische Schriften werden nicht vergessen werden. Auch bisher in deutscher Sprache unveröffentlichte Kriminalgeschichten sollen zum Verlagsrepertoire gehören.

Da ist natürlich das weinende Auge, dass auf die Simenon-Jahre mit Diogenes zurückblicken- es war eine gute verlegerische Heimat für den Autoren. Aber ich blicke jetzt mit Optimismus in die Zukunft, denn ich bin der Überzeugung, dass das Werk von Simenon bei Daniel Kampa gut aufgehoben ist. Der Verleger hat in der Vergangenheit um Simenon betreut, kennt sich und man kann davon ausgehen, dass es nicht nur ums Geschäft geht. Das lässt doch hoffen.

Weitere Einzelheiten, kann man dem auch online erschienenen Artikel entnehmen.