Pedigree et autres romans


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Es mag sein, dass es wirklich nur ein flüchtiger Eindruck ist: Aber könnte es nicht vielleicht sein, dass der 20. Todestag Simenon im kommenden September den Autor wieder ein wenig mehr in den Fokus rückt? Oder warum verging soviel Zeit ins Land und erscheint ausgerechnet in diesem Jahr der dritte Band von Simenon in der Pléiade?

Nachdem der Einführungs-Absatz so voller Spekulation gewesen ist, hier die harten Fakten: In der ersten Mai-Woche erschien unter dem Titel »Pedigree et autres romans« bei Gallimard der besagte dritte Pléiade-Band. Dazu sollte man wissen, dass die Aufnahme eines Autoren in diese Bibliothek in Frankreich einer Adelung gleich kommt. Leider hat der Autor davon nichts mehr, da man in diese Bibliothek erst aufgenommen wird, wenn man schon tot ist - so dass es dem Schriftsteller selbst damit egal sein könnte. (Korrektur: Man kann durchaus auch als noch lebender Autor aufgenommen werden, dies allerdings ist bisher nur zwölf Autoren gelungen.) Beim Nobelpreis ist es ja haargenau anders herum: Man kann ihn nur lebend bekommen, was den einen oder anderen Schriftsteller - der darauf hofft(e) - gehörig genervt haben dürfte. Simenon gehörte dazu, John Updike dürfte da auch Jahre in froher Erwartung verbracht haben - ohne letztlich geehrt worden zu sein. Nun hat Letzterer noch nicht einmal den Trost in die Pléiade aufgenommen zu werden, da dort schließlich nur französischsprachige Autoren aufgenommen werden können. (Korrektur: Auch hier unterlag ich einem Irrtum - auch fremdsprachige Klassiker werden aufgenommen, so sah ich auch Werke von Tolstoi und Oscar Wilde in den Bestsellerlisten der Pléiade.)

Der Preis dieses Bandes wird mit 63 Euro angegeben. Kleinere Recherchen ergaben allerdings, dass dies nicht der Ladenverkaufs-Preis ist, der bewegt sich zwischen 52 Euro und 60 Euro. Beim Kauf dieses Buch auch über das Internet lohnt sich das Gucken also schon ein wenig.

In den Mittelpunkt hat man in diesem Band den Roman »Pedigree«. Dieser Roman (hierzulande »Der Stammbaum«) zählt zu den großen autobiographischen Werken Simenons und war als Band 1 von einer mehrteiligen Reihe geplant. Obwohl Simenon sich hinter Roger Mamelin versteckte, ist klar zu erkennen, dass die Jugend des Schriftstellers beschrieben wird - die Parallelen waren zu deutlich. So deutlich, dass auch andere sich wieder erkannt glaubten und Simenon in einen jahrelangen Rechtsstreit verwickelten. Vielleicht ein Grund, warum er die Lust verlor, sich weiter auf diese Art und Weise mit seinem Leben zu beschäftigen.

Es gibt zwei weitere autobiographische Texte, die in diesem Band aufgenommen worden sind. Dabei handelt es sich zum einen um den recht bekannten »Brief an meine Mutter« und um das hierzulande zwar bekannte, aber nie veröffentlichte »Je me souviens…«. Letzterer gilt als Vorläufer von »Pedigree«.

Etwa 1700 Seiten gibt es in dem Buch und schon »Pedigree« nimmt einen großen Teil des Platzes ein. Die anderen veröffentlichten Romane sind:

Les Gens d’en face
Les Trois Crimes de mes amis
Malempin
La Vérité sur Bébé Donge
Les Complices
Les Autres
La Chambre bleue

Solch Auswahl ist immer auch Geschmackssache. Ich hätte nicht viel daran herumzumäkeln, wenn man mal »Le Gens d’en face« (»Die Leute gegenüber«) absieht, einen Roman, der für mich nicht zu den besten zählt - er im Gegenteil.