Maigret als Stimmungsmacher


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Vermutlich kann man es nicht lesen, aber Maigret hat immer noch das Zeug, es in eine Fachzeitschrift zu schaffen. In diesem Fall in eine Bauwelt-Ausgabe vom November 2004 (Bauwelt 45/04 vom 26. November 2004). Wir erinnern uns: Maigret verschlägt in einem sehr frühen Maigret in die Liberty Bar, weil ein reicher Viehzüchter verschwunden war und sich seine Lebensgefährtin und ihre Mutter versuchen abzusetzen (»Maigret in der Liberty Bar«). Der Roman lebt weniger von seiner Kriminalstory als vielmehr von Jaja und der Mittelmeer-Atmosphäre, die einen in Urlaubsstimmung versetzt.

Die Redaktion der Bauwelt benutzte Maigret auf der Titelseite als Aufmacher:

»... drüben liegt das Besitztum eines Mahardschas. Er müsste zur Zeit hier sein. Fünfhundert Meter links haust einer von der Académie. Dann ist da noch die berühmte Tänzerin mit ihrem Lord…«
Gut, gut! Maigret hätte sich am liebsten auf die Bank gesetzt, die am Haus stand, und eine Stunde geschlafen.

Da es sich bei der Bauwelt um eine Architektur-Zeitschrift handelt, geht es – gut kombiniert! – um eine Villa am Mittelmeer, die in einem mehrseitigen, reich bebilderten Artikel beschrieben wird. Wenn man sich die Bilder betrachtet, kommt einem das Anwesen eines Maharadschas durchaus in den Sinn. Es ist aber klar, dass der Stil nicht dem von Maigret entsprochen hätte. Die Villa hat nichts, was an eine typische Villa erinnert. Böse Menschen, die nichts mit Architektur am Hute haben, könnten sich an eine Bushaltestelle erinnert fühlen, wobei dies natürlich eine arge Übertreibung ist, denn die Bushaltestellen mit einem solchen Blick auf die Côte d’Azur dürften sehr rar sein. Der Artikel in der Zeitschrift ist aufgelockert durch Texte von Wolfgan Koeppen, F. Scott Fitzgerald und natürlich nochmals Maigret. Neben einem traumhaften Bild, welches durch den Kontrast des herrlichen, urlaubsstimmungsmachenden Blau der Côte und dem Beton der Villa lebt, lässt sich Maigret die Ermordung von Brown schildern.