Großer Bruder Maigret


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Die Literatur-Zeitschrift »Literaturen«, die von Sigrid Löfler herausgegeben wird, hat eine ständige Rubrik namens »Das Kriminal«, welche – soweit ich das überblicken kann – von Franz Schuh, einem ausgewiesenen Simenon-Kenner, betreut wird. In der Ausgabe vom Dezember 2001 widmet sich Franz Schuh in dieser Kolumne dem Phänomen »Maigret«.

Häufig wird Maigret als gemütlich und behäbig geschildert, ein kleinbürgerlicher Mensch, der in die heutige Zeit nicht mehr passen würde. Interessant ist laut Schuh, dass »Maigret zu den am meisten nachgemachten Helden der Gattung gehört«. Man würde Bücher lesen, die an ganz anderer Orten in der Welt spielen, zu ganz anderen Zeiten, und fühle trotzdem, dass in der geschilderten Figur ein Maigret stecke. Eine Fähigkeit von Simenon wäre es gewesen, die Figur emotionale Färbungen erzeugen zu lassen, welche die Ereignisse um den Kommissar widerspiegeln. Schuh desweiteren: »Schriftstellerisch grandios, wie Maigret gelassen und langsam agiert und wie dennoch oft alles sehr schnell geht.«

Nachfolgend schildert Schuh Stimmungen anhand des Maigret-Romans »Maigret und das Verbrechen in Holland«, welches Schuh als Kammerspiel empfindet. Für ihn ist der fremde Ort, an dem die Einheimischen versuchen, die Schuld an dem Verbrechen einem Fremden zuzuschieben, auch nur eine Staffage für ein anderes Anliegen Simenons: die Schilderung des Geschlechterkampfes. Wie Schuh bemerkt, ein Thema, dass von Simenon selten politisch korrekt behandelt wurde.