Über die Story

Haben Sie sich mal die Frage, wie viel Detektive Simenon neben Maigret hätte installieren können? Mich haben die Geschichten vom kleinen Doktor genauso angesprochen wie die Maigret-Romane. Nun, der kleine Doktor kam ziemlich spät auf die Welt, wenn man das mal so sagen darf – 1943, da war Maigret schon in der Pubertät. Zehn Jahre darauf lässt Maigret nochmals eine markante Detektiv-Figur erstehen: Justin Duclos.

Der unterscheidet sich von Maigret und dem kleinen Doktor in zweierlei Hinsicht: Er ist im Ruhestand (gut, das ist Maigret in einzigen Erzählungen auch) und er sitzt im Rollstuhl. Die Welt betrachtet er vom Fenster heraus und bildet sich seine Meinung aufgrund der Beschreibungen in der Zeitung. Und seiner Adoptivtochter.

Duclos wurde am Tag seiner Pensionierung angeschossen und verbringt schon einige Zeit damit herauszufinden, wer es den gewesen sein könnten. Eigentlich war er immer der Meinung, dass Verbrecher nicht rachsüchtig seien – da hat er sich getäuscht. Vor seiner Pensionierung, dass sollte hier vielleicht angemerkt werden, war Duclos bei der Kriminalpolizei. Aber nicht irgendwer: der Mann war das Schwergewicht (in der Kategorie von Maigret). Nun hat die Kriminalpolizei ein anderes Schwergewicht zu Chef: Kommissar Berna. Sein Schwergewicht war allerdings in ganz anderer Hinsicht zu verstehen – er hatte die passenden Maße, um so genannt zu werden.

Folgendes war passiert: Das »Pélican« war ein Nachtklub am Pigalle, nicht sonderlich bekannt und nicht sonderlich groß. In dieses Etablissement verirrten sich nur die absoluten Nachtschwärmer, denn das »Pélican« hatte auch noch zu später Stunde auf, andere Unterhaltungslokalitäten haben da schon lang geschlossen. Die Sängerin der Bar, Odette Lagrange, war in der Nacht zuvor erschossen worden. Den Zeitpunkt des Verbrechens konnte man ziemlich genau ermitteln, lag doch der Heimweg an der Inspektionslinie eines Wachtmeisters, der dann die Leiche auch entdeckt hatte. Das geschah am Morgen des vorherigen Tages. Nun hatte der Wirt der Bar, Louis, ziemlich viel Glück und konnte am Abend darauf eine neue Sängerin präsentieren. Trotz polizeilicher Überwachung war die junge Sängerin, der Auftritt im »Pélican« war ihr Debüt, verschwunden.

Nun erwachen die Sinne, das Verbrechen muss gelöst werden: Lili macht sich auf den Weg zum »Pélican«, nachdem sie sich ein dunkles, enganliegendes Kleid von ihrer Nachbarin geborgt hat. Stopp!, werden Sie jetzt sagen: wer ist Lili? Lili ist die Adoptivtochter Duclos und ist an Kriminalfällen mehr als interessiert, sie hat, obwohl nicht mit dem Ex-Kommissar verwandt, die gleiche Ader und kann sich stundenlang in seinen alten Aufzeichnungen vergraben. Ihre Hauptbeschäftigung ist die Pflege des alten Polizisten, aber sie schafft es, sich Zeit für das Lösen von Fällen zu nehmen.

Sie ist allerdings nicht allein, der alte Mann hat seine Finger immer im Spiel.

Interessanterweise ist ein alter Bekannter mit von der Partie: Lapointe, der die neue Tänzerin der Bar beschützen soll, und sich plötzlich mit dem Schützling des bekannten Kommissars konfrontiert sieht. Zu allem Überfluss hat sie noch einen starken Willen und Lapointe hat, wie wir aus »Maigret, die Tänzerin und die Gräfin« wissen eine Schwäche für Tänzerinnen und Sängerinnen.