Über die Story

Die Geschichte um den türkischen Konsul Adil-Bey gehört nicht zu den besten Simenons. Man quält sich nicht unbedingt durch das Buch, aber die Geschichte wirkt ein bisschen lieblos. Dieser subjektive Eindruck meinerseits soll Sie aber nicht davon abhalten, auch diesen Simenon-Roman zu entdecken.

Ziemlich schnell stellt Adil-Bey fest, dass die russische Stadt Batum unter den Kommunisten nicht seine Welt ist. Er kommt mit den Leuten in der Stadt – seien es Einheimische oder Ausländer – überhaupt nicht zurecht. Erstere scheinen ihn zu ignorieren, teilweise zu verachten. Unter keinen Umständen gewillt, ihm irgendetwas über ihr Leben zu verraten. Die Anderen waren ganz anders als er, der den Posten in Batum als wichtig erachtete. Der italienische und persische Konsul scheinen ihre Posten als Abstellgleis zu verstehen, haben sich mit den Sowjets arrangiert. Was so viel bedeutet, dass sie sich nicht übermäßig um ihre Klientel bemühen. Wohl um das Wissen, dass es sowieso nichts bringen würde.

Adil-Bey ist da aus anderem Holz geschnitzt: jung und enthusiastisch könnte man ihn bezeichnen, kein Mensch, der auf Karriere auf ist, er hat sich seinen Posten im wahrsten Sinne verdient. Umso enttäuschter ist er, als er feststellt, wie es in der Realität aussieht.

Da ist zum Beispiel Sonia, die ihm als Sekretärin zugeteilt wurde. Sonia spricht seine Sprache und diente schon seinem Vorgänger, der kürzlich verstorben war. Sie bremst ihn und seinen Elan nicht. So versucht er sich anfangs voller Energie in die konsularischen Geschäfte einzubringen, wird aber von der sowjetischen Bürokratie immer wieder ausgebremst. Der junge Diplomat mag nicht einsehen, dass die Behörden seine Rechte nicht unbedingt mit den Füßen treten, aber doch dafür sorgen, dass er nicht effektiv arbeiten kann. Sonia sagt ihm nicht, wie es ist. Für sie ist alles in bester Ordnung und seine Einwände, dass sie das ganze Elend sehen muss, was um sie herum herrscht, kontert sie immer und immer wieder mit den Worten, dass in seinem Heimatland wohl auch nicht alles zum Besten stünde. Eine einfältige Antwort, gegen die man aber nicht ankommt.

Sonia, das bekommt er bald heraus, wohnt gegenüber vom Konsulat und ihr Bruder arbeitet beim GUP, der politischen Polizei der Sowjetunion. Wird er bespitzelt? Er versucht Belege dafür zu finden. Man fragt sich, warum er diese sucht, wo ihm doch alle Ausländer davon berichten und ihm empfehlen, sich zurückzunehmen und nicht unnötige Fragen zu stellen.

Adil-Bey kann davon nicht lassen. Noch weniger kann er seine Finger von Sonia lassen: er hat es darauf angelegt, sie zu erobern. Auch hier fragt man sich als Mitleser? Warum Sonia, die Überzeugte? Wo doch Tausende von Mädchen auf den Straßen darauf warteten, dass da jemand komme, sie mitnehme, sich mit ihr vergnüge und ihr etwas anderes gäbe als Rubel, mit denen man in den leeren Geschäften nichts anfangen kann. Schön ist sie auch nicht und gefährlich scheint es, mit ihrem Bruder im Hintergrund, auch noch zu sein.

Aber natürlich nimmt alles seinen Lauf: Sonia wird seine Geliebte und alles wird gut. Gut? Nein, gar nicht: der türkische Diplomat wird immer dicker und aufgedunsener, schwitzt, kann nicht mehr schlafen und fühlt sich rundherum unwohl. In ihm keimt der Verdacht, dass er vergiftet wird.