Über die Story

Der Tag begann für Joseph mit einem Ärgernis und er endete mit einem. Wirklich ärgerlich war für Joseph, dass das Ärgernis den ganzen Tag währte. Das Ärgernis trat um acht Uhr zehn in das »Café de Ministères« und setzte sich an den Tisch. Um diese Zeit hat das Café die Türen schon geöffnet, aber ein ungeschriebenes Gesetz sagt, dass der Betrieb erst gegen neun Uhr beginnt. Dann kommen die ersten Stammgäste. Joseph hatte in dem Augenblick, in dem der Mann das Café betrat damit zu tun, den Großputz vorzunehmen.

Die meisten Gäste hätte schon die Bemerkung verscheucht, dass es vor einer halben Stunde keinen Kaffee gäbe. Den Gast nicht, er nahm es nickend hin und schaute aus dem Fenster.

Das erlebt man selten: jemanden, der fähig ist, eine volle Stunde in einem Café zu sitzen, ohne sich zu rühren, ohne jeden Augenblick auf die Uhr zu sehen, ohne in irgendeiner Weise seine Ungeduld auszudrücken. Wenn er auf jemanden wartet, dann mit beachtlicher Ruhe. Als um zehn Uhr der »Großputz« beendet ist, sitzt er noch immer da.

Der Gast sitzt bei seiner Tasse Kaffee und fragt einmal nach einer Zeitung. Auf die Frage, welche er haben möchte, antwortet er, dass es ihm egal sei. Gegen Mittag fragt er nach einem Sandwich. Leider hat sich dafür das falsche Café ausgesucht, es gibt keine Küche und keine Sandwiches – Stammkunden können natürlich manchmal eine Ausnahme bilden. Der Tag verläuft ereignislos, für Joseph wird der Gast von Stunde zu Stunde mysteriöser. Gegen Mittag hat Joseph frei, sein Kollege kommt und arbeitet bis in den frühen Nachmittag, um dann wieder für die Abendstunden von Joseph abgelöst zu werden. Als dieser wiederkommt, ruft er seinen Schwager – Janvier – an, er solle einmal vorbeikommen. An dem ruhigen Gast hat Janvier nichts auszusetzen, dieser ist auf keiner Fahndungsliste und macht im Prinzip einen seriösen Eindruck. Kein Grund einzuschreiten oder den Gast an den Quai einzuladen.

Dann kommt eine Frau ins Café und setzt sich zu dem Gast. Sie unterhalten sich eine Weile, dann geht sie wieder. Der Mann bleibt, schaut aus dem Fenster. Es wird dunkel, die Abend-Stammgäste kommen, spielen Karten, trinken etwas und gehen spät.

Um elf Uhr wird das Café zugemacht. Der Mann sitzt an seinem Platz und schaut aus dem Fenster. Er hatte bis dahin drei Kaffees, ein Viertel Vichy und eine Limonade getrunken. Gegessen und geraucht hat er nicht. Eine Zeitung – Le Temps – hatte er am Vormittag gelesen, am Nachmittag hat er sich eine von einem Straßenverkäufer gekauft. 21 Francs ist er dem Kellner schuldig und gibt Joseph zwei Francs Trinkgeld (was diesen noch zusätzlich erbost – zwei Francs Trinkgeld für einen ganzen Tag, Schande!).

Der Gast verlässt das Café. Sekunden später fällt ein Schuss.