Über die Story

Hauptprotagonistin in dieser Erzählung ist eine widerspenstige Teenagerin, die den guten alten Maigret zur Weißglut treibt. Jeden Verbrecher hat er in langen Verhören geknackt, aber das Mädchen lässt sich von der Autorität Maigrets nicht beeindrucken. Sie beschimpft ihn vor seinen Mitarbeitern als Lüstling und torpediert seine Verhörmethoden, in dem sie sich auf den Boden legt und einschläft.

Nur noch achtundvierzig Stunden – dann ist die Pensionierung Maigrets offiziell. Erst in den letzten Stunden ist er ungeduldig geworden. Im Nachbarbüro klingelt schon seit einiger Zeit das Telefon und da keiner abnimmt, geht Maigret an den Apparat.

Am anderen Ende der Leitung fragte eine Männerstimme: »Bist du’s?«
Warum begnügte er sich damit, ein undeutliches Brummen von sich zu geben, anstatt »Nein« zu sagen oder nach Einzelheiten zu fragen?
»Hier Pierre. Das Überfallkommando hat uns mitgeteilt, dass im Hotel »L’Etoile du Nord« ein mysteriöses Verbrechen begangen worden ist. Fährst du hin?«
Maigret brummte abermals, legte den Hörer auf die Gabel und blickte etwas verwirrt um sich. Er wusste, wie das Ganze zusammenhing. Der diensthabende Inspektor hatte beim Überfallkommando einen Freund mit Vornamen Pierre. Und der war ganz glücklich, ihm einen wichtigen Hinweis geben zu können.
Zwei Tage noch…

Maigret hätte den Hinweis auf einen Zettel schreiben können und diesen dem Diensthabenden hinlegen können. Macht er aber nicht. Er setzt sich die Melone auf, zieht sich den Mantel an und geht mit einem Achselzucken die Treppe hinunter.

Ein viertklassiges Hotel ist der Ort des Geschehens. Bevor er den Tatort und das Opfer besichtigte, gab Maigret die Anweisung, dass keiner der Hotelgäste das Hotel verlassen dürfte. Auf der Schwelle eines Zimmer wurde die Leiche eines Mannes gefunden, der von hinten erstochen wurde. Der Angriff muss für ihn sehr überraschend gekommen sein, da er sich nicht gewehrt hatte und die nur mit einem Pyjama bekleidet war. Der Wirt des Hotels hatte einen kleinen Schrei gefunden, aber als er den Mann auffand, war dieser schon tot. Maigret findet in dem Zimmer einen Seidenstrumpf, der unter dem Bett verborgen war und interessiert sich plötzlich für alle weiblichen Gäste.

Die meisten von ihnen fallen aus dem Rennen, weil sie entweder nicht dem Geschmack des Toten zu entsprechen schienen oder zu ihrem Glück Baumwollstrümpfe trugen.

Die Zeit verging, ohne dass Maigret den zweiten Strumpf gefunden hätte. Ein Stockwerk höher sah er sich dem jungen Mädchen im Kostüm gegenüber, dem er schon auf der Treppe begegnet war, und sein Blick fiel sofort auf ihre Beine.
»Sieh mal an! Sie tragen keine Strümpfe?« fragte er erstaunt. »Um diese Jahreszeit?«
Es war März und ganz außergewöhnlich kalt.
»Ich trage nie Strümpfe.«

Maigret ist ziemlich erstaunt und kann diese Information nicht verdauen.

»Tragen Sie wirklich nie Strümpfe?«
Er durchsuchte das Zimmer, durchwühlte das Bett, öffnete sämtliche Schubladen im Kleiderschrank und befahl plötzlich:
»Heben Sie Ihren Rock hoch!«
»Na erlauben Sie mal! Haben Sie denn nicht Angst, ich würde Sie anzeigen, Sie Schweinekerl Sie!«
»In diesem Hotel ist ein Mann ermordet worden«, erwiderte er nur. »Also beeilen Sie sich!«
Sie war blass, mit großen, goldgesprenkelten Augen, den Augen einer Rothaarigen. Und diese Augen drückten jetzt Verachtung und Wut aus.
»Heben Sie ihn doch selber hoch, wenn Sie keine Angst haben«, antwortete sie. »Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich sie anzeigen werde!«
Er trat zu ihr, betastete ihre Hüften.
»Sie tragen eine Gürtel«, stellte er fest.

Das Mädchen bringt auch nicht aus der Fassung, dass Maigret den zweiten Strumpf im Abflussrohr des Waschbeckens findet. Nachfolgend versorgt sie Maigret mit einer Lügengeschichte nach der anderen und ist sorgsam darauf bedacht, von sich nichts preiszugeben.